Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr - Brigadegeneral Boris Nannt

Logistisches Herz der SKB unter neuer Führung

Der Kommandeur des Logistikkommandos der Bundeswehr, Generalmajor Volker Thomas, übergab mit einem feierlichen Appell die Verantwortung über die Logistikschule der Bundeswehr von Brigadegeneral André Denk an seinen Nachfolger Brigadegeneral Boris Nannt.

Bild: Brigadegeneral Denk übergibt Generalmajor Thomas die Truppenfahne der Logistikschule. © Bundeswehr/Petra Reiter

General Thomas dankte in seiner Rede dem ehemaligen Kommandeur Denk für seine erfolgreiche Arbeit und die Neuerungen, die unter seiner Führung an der Logistikschule erfolgt sind. Hierbei hob er die erfolgte Neuausrichtung der Schule hervor, um den Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung der Bundeswehr gerecht zu werden. Die Zusammenarbeit mit Denk war ihm stets eine Freude. Generalmajor Thomas betonte seine Anerkennung für die maßgeblichen Leistungen des ehemaligen Kommandeurs.

 Schwerer Abschied

In seiner Abschiedsrede bedankte sich Denk für die hervorragende Zusammenarbeit und sehr gute Unterstützung, die er in seinen 22 Monaten als Schulkommandeur erfahren hat. Es war ihm eine besondere Freude, die Logistikschule führen zu dürfen. Seinen besonderen Dank brachte er allen zivilen und militärischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch den Vertretern des öffentlichen Lebens der Region von Osterholz-Scharmbeck und Garlstedt entgegen. Er betonte dabei die unkomplizierte und herzliche Kommunikation zwischen zivilen und militärischen Kontakten und dass ihm der Abschied deshalb besonders schwerfiele.

 Neuanfang

Bild: Brigadegeneral Nannt übernimmt die Truppenfahne der Logistikschule von Generalmajor Thomas. © Bundeswehr/Petra Reiter

 Generalmajor Thomas übernahm im Anschluss an die Abschiedsrede die Übergabe der Truppenfahne und dankte dem scheidenden Brigadegeneral Denk nochmals ausdrücklich für seinen hervorragenden Dienst. Er wünschte ihm für seine weitere Verwendung im Stabsdienst in Brüssel viel Soldatenglück und Erfolg. Trotz der bereits tollen Arbeit der Logistikschule ließ es sich Generalmajor Thomas nicht nehmen, Brigadegeneral Nannt auf die noch bevorstehenden Aufgaben „hinzuweisen“: „Sie brauchen keine Sorge zu haben Herr Nannt, es gibt noch viel zu tun.“

Der 51-jährige Brigadegeneral wechselt als ehemaliger Direktor Strategie & Fakultäten an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg nach Garlstedt. Zum formellen Abschluss des feierlichen Appells meldete Nannt die Übernahme der Logistikschule an Generalmajor Thomas.

Das Beitragsbild zeigt Brigadegeneral Boris Nannt im Dienstanzug. [Red]

Autor: Brian Melzer, Bilder: Bundeswehr/Petra Reiter

Logistische Unterstützung von Operationen der Streitkräfte in den Phasen Bereitstellung, Verlegung und logistische Versorgung

Dieser Beitrag erscheint im Rahmen einer 3-teiligen Artikelreihe und wird im kommenden Informationsheft und Newsletter des bB fortgesetzt. (Red.)

Teil 1: Beitrag Logistikkommando der Bundeswehr in der Phase Bereitstellung

Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und der Ausbruch des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine bildeten im Jahr 2014 eine Zäsur in der internationalen Sicherheitspolitik. Als Reaktion auf die damit einhergehende veränderte Bedrohungslage hat die NATO ihr Verständnis zum Einsatz von Streitkräften angepasst. Die Priorisierung von Operationen im Rahmen des Internationalen Krisenmanagements (IKM) konnte unter den veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Auftrag und die Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) wurde deutlich stärker akzentuiert und auch für die Bundeswehr wieder strukturbestimmend. Die deutschen Streitkräfte werden schrittweise befähigt, schnell und kampfkräftig im gesamten Bündnisgebiet in einem 360° Ansatz zum Einsatz kommen zu können. Dieses wird u.a. auch durch die Gestellung der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), für welche Deutschland als bedeutender Truppensteller wiederholt im Jahr 2023 gemeinsam mit Norwegen und den Niederlanden die Führungsverantwortung tragen wird, deutlich sichtbar.

Um die Bündnisverpflichtungen vollumfänglich erfüllen zu können, bedarf es neben durchsetzungsfähiger Kampftruppen gleichzeitig auch einer robusten, agilen, schnell verlegbaren, adaptiven, modularen und durchhaltefähigen logistischen Unterstützung. Die stärkere Akzentuierung der Landes- und Bündnisverteidigung wirkt sich somit auch wesentlich auf das Logistische System der Bundeswehr (LogSysBw) aus, da dieses in der Vergangenheit hauptsächlich auf den eher statischen Einsatz, z.B. aus Feldlagern heraus, im Rahmen kleinerer Einsätze mit planbaren und im Umfang deutlich geringeren Verbräuchen ausgerichtet war.

Ein Szenar Landes- und Bündnisverteidigung unterscheidet sich von diesen Einsätzen jedoch deutlich. Beispielhaft seien die bei LV/BV im Vergleich zu IKM-Einsätzen kurzen Reaktionszeiten, die hohen Verbräuche (z.B. Munition, Betriebsstoff, Ersatzteile), der damit einhergehende große Bedarf an zentraler und dezentraler Lagerungskapazität sowie die Notwendigkeit hoher Mobilität und Verlegefähigkeit der mobilen Logistikkräfte der SKB (mobLogTr SKB) genannt.

Damit sind Anpassungen des LogSysBw unausweichlich, da sich sowohl die Zahl der Aufträge als auch deren Bandbreite deutlich erhöht hat. Im Rahmen der dafür notwendigen Anpassungen des LogSysBw hat sich sehr frühzeitig herauskristallisiert, dass die notwendigen Kapazitäten und Fähigkeiten nicht alleine durch eigene, militärische wie zivile, Kräfte der Bundeswehr bereitgestellt werden können. Vielmehr ist es notwendig, das LogSysBw in ausgewählten Bereichen durch Leistungen multinationaler Partner und durch Kooperationen mit der Wirtschaft zu ergänzen.

Ferner gilt es zu beachten, dass die logistische Unterstützung entlang der gesamten Prozesskette robust und durchhaltefähig gewährleistet werden muss. Gedanklich kann eine derartige Prozesskette als logistische Operation betrachtet werden, welche sich in die Phasen Bereitstellung, Verlegung und der logistischen Versorgung im Einsatz unterteilt. Die drei oben abgebildeten Säulen des LogSysBw wirken sich dabei in den Phasen in unterschiedlicher Gewichtung aus.

Jede Phase einer logistischen Operation und der damit einhergehende Beitrag aus Sicht des Logistikkommandos der Bundeswehr (LogKdoBw) soll Inhalt eines Teils einer dreiteiligen Artikelserie sein. In diesem ersten Teil soll auf ausgewählte Aspekte der Phase Bereitstellung eingegangen werden, wozu es einer mehrschichtigen Betrachtungsweise bedarf.

Zunächst einmal geht der Blick auf die eigenen Kapazitäten der Bundeswehr. Diese werden im Fähigkeitsprofil der Bundeswehr in insgesamt 3 Zwischenschritten (2023, 2027, 2031) definiert, wobei planerisch bereits Anpassungen resultierend aus den Herausforderungen bzgl. der LV/BV erfolgt sind und weiter fortgeschrieben werden. Dabei stehen aus Sicht der logistischen Unterstützung die ortsfesten logistischen Lager- und Instandhaltungs-einrichtungen sowie die mobLogKr SKB im Mittelpunkt.

Der Bereich der Lagerhaltung erfuhr mit der Reduzierung der Streitkräfte in den vergangenen zwei Jahrzehnten und der Fokussierung auf IKM-Einsätze deutliche Einschnitte, welche letztendlich zu einer Bereitstellungslogistik (geringe Lagerbestände, Just-in-time Lieferung durch Industrie) führte. Dieser effizienzbasierte Ansatz war in der Vergangenheit auf Grund der reduzierten und in der Regel langfristig planbaren Bedarfe im Rahmen einzelner, eher kleinerer Einsätze im Rahmen des IKM grundsätzlich tragfähig. Für die Einsätze innerhalb von LV/BV und der damit verbundenen deutlich höheren Bedarfe, u.a. in den Bereichen Mengen- und Einzelverbrauchsgüter, wie z.B. bei Ersatz- und Austauschteilen, sowie schnellerer Reaktionszeiten (Bspl. VJTF 2-7 Tage) ist es zwingend erforderlich, schnellstmöglich den Schritt von der Bereitstellungs- zur Bevorratungslogistik (hohe Lagerbestände, eigene Handlungsfähigkeit) zu vollziehen, damit das LogSysBw wieder über die so notwendige „Pufferwirkung“ und „Robustheit“, eine schnelle Reaktionsfähigkeit und Ad-hoc Befähigung sowie Autarkie und auch Flexibilität verfügt.Um kurzfristig bereits für die VJTF 2023 eine „Pufferwirkung“ im LogSysBw zu schaffen, wird derzeit beispielsweise ein 30-Tage-Einsatzvorrat für Ersatz-/Austauschteile (ET/AT) für die in der VJTF eingeplanten Fähigkeiten aufgebaut. Damit soll eine angemessene materielle Durchhaltefähigkeit der VJTF für einen autarken Betrieb von mindestens 30 Tagen gewährleistet werden. Dieser Ansatz ist in weiteren Schritten für die gesamten Streitkräfte auf Basis der Ergebnisse des Fähigkeitsprofils sowie auf Basis von anzunehmenden Nutzungsprofilen für Einsatzszenare innerhalb der LV/BV auszuweiten. Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr wird auf Grundlage dieser Ergebnisse sukzessive die notwendigen Beschaffungsvorgänge einleiten, so dass durch diesen Ansatz ein stufenweiser Aufbau eines 30-Tage-Einsatzvorrates für die Streitkräfte gewährleistet werden kann. Die bedarfsgerechte Bereitstellung von Lagerkapazitäten innerhalb des LogSysBw (Basis-/Einsatzlogistik) wird zwischen dem LogKdoBw eng mit den Organisationsbereichen/Teilstreitkräften abgestimmt.

Für die Steigerung der „Robustheit“ der ortsfesten logistischen Einrichtungen sind insgesamt die Kapazitäten und Fähigkeiten zu stärken, die Reaktionsfähigkeit zu erhöhen, der Schutz zu verbessern sowie die Durchhaltefähigkeit zu erhöhen.

Für die bundeswehreigenen Kapazitäten konnte daher im Rahmen des Projektes „ortsfeste logistische Einrichtungen 2019+“ mit der Entscheidung der stufenweisen Reaktivierung und Wiederinbetriebnahme von drei Munitionslagereinrichtungen und fünf Materiallagern ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung eingeleitet werden. Diese Maßnahme kann jedoch nur einen Teilbeitrag leisten, um die benötigten Lagerkapazitäten über alle Versorgungsgüter zur Verfügung zu stellen. Um den Gesamtbedarf wirklich decken zu können, werden auch Neubauten von Lagerinfrastruktur wie z.B. Munitionslagerhäuser sowie Kooperationen mit der Wirtschaft ergänzend notwendig sein.

Mögliche Kooperationen mit der Wirtschaft hat das LogKdoBw im Rahmen seines Projektes „Zukunftsorientierung Kooperationen in der Logistik“ im Fachpanel 2 „Materialbewirtschaftung und Lagerung“ bereits in enger Zusammenarbeit mit Vertretern aus der Wirtschaft erörtert. Darauf aufbauend konnten bereits drei Interessenbekundungsverfahren durchgeführt werden, welche nach Auswertung und Feststellung der Wirtschaftlichkeit noch im Jahr 2020 einer Leitungsentscheidung bzgl. ihrer Umsetzung zugeführt werden sollen.

Auch im Rahmen der Multinationalen Zusammenarbeit werden Kapazitäten für eine gemeinsame Lagerung und damit Bevorratung geschaffen. Das Projekt „Network of LogHubs in Europe and Support to Operations“ als Teil der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit PESCO (Permanent Structurized Cooperation) in Europa hat das Ziel, in Zusammenarbeit mit einer Vielzahl europäischer Staaten ein Netzwerk logistischer Hubs in ganz Europa zu etablieren, um Lagerkapazitäten und weitere Leistungen für die Streitkräfte der verbündeten Staaten bereit zu stellen. Deutschland wird sich dabei mit einem eigenen Hub in Pfungstadt beteiligen, welcher bereits ab diesem Jahr stufenweise Leistungen zur Verfügung stellen wird. Damit können ab 2020 Umschlagleistungen und ab 2024 zusätzlich signifikante Lagerungs- und Instandsetzungskapazitäten multinational bereitgehalten werden. Die damit angestrebte gemeinsame Nutzung nationaler Ressourcen macht somit eine Vorausstationierung von Material möglich und kann damit auch die Phase der Verlegung entlasten. Um ein derartig umfangreiches Netzwerk steuern zu können, bedarf es auch eines leistungsfähigen Steuerungselementes. Für die Umsetzung des DEU Anteils am Gesamtprojekt wurde das Koordinations- und Steuerungselement als Joint Coordination Centre als sogenannter „Trusted Agent“ des Projekts im Logistikzentrum der Bundeswehr in Wilhelmshaven eingerichtet.

Mit einer reinen Kapazitätserhöhung zur zentralen Bevorratung von Material und Munition kann und wird die notwendige Qualität der Bereitstellung von Versorgungsgütern aller Art jedoch allein nicht erreicht werden können. Besonders die Notwendigkeit einer schnellen Bereitstellung in einem Alarmierungsfall macht es erforderlich, dass Vorkommissionierungen erfolgen sowie Rufbereitschaften und Alarmierungspläne wieder zum festen Bestandteil einer Depotorganisation gehören müssen. Nur so wird die notwendige Ausgabebereitschaft ggf. auch 24/7 gewährleistet und die Reaktionszeit insgesamt auf das notwendige Maß reduziert werden können. Insgesamt ist die Robustheit der ortsfesten logistischen Lagereinrichtungen in vier Teilbereichen „Kapazitäten und Fähigkeiten“ – „Schutz“ – „Reaktionsfähigkeit“ und „Durchhaltefähigkeit“ zu steigern.

Neben ortsfesten Einrichtungen bedarf es zur Gewährleistung einer durchhaltefähigen und robusten logistischen Unterstützung auch hoch mobiler Logistikkräfte, welche für den Bereich der Basislogistik durch die mobLogTr SKB in Verantwortung des LogKdoBw als Truppensteller bereitgestellt werden. Dabei gilt es hervorzuheben, dass diese im Falle eines Einsatzes im Rahmen LV/BV mit zu den Kräften der „ersten Stunde“ zählen. Diese Kräfte verlegen sehr frühzeitig in ein Einsatzgebiet. Diese sehr frühe Verlegung ist notwendig, da nur so eine zügige Aufnahme der Streitkräfte im Einsatzgebiet sowie der rasche Aufbau einer Versorgung im Einsatz sichergestellt werden kann. Damit stehen die mobLogTr SKB grundsätzlich nicht im Inland beispielsweise für die Gewährleistung von logistischen Unterstützungsleistungen im Rahmen von Host Nation Support oder zur logistischen Unterstützung der Verlegung von eigenen Kräften zur Verfügung.

Zur Bereitstellung der benötigten Anzahl an mobLogTr SKB muss die Domäne Unterstützung im Rahmen des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr grundsätzlich einen deutlichen Aufwuchs erfahren. Für den Bereich der mobLogTr SKB ist es daher Absicht, neben den heutigen Kräften (sechs Logistikbataillone und ein Spezialpionierregiment) noch bis zu vier weitere Bataillone, ein RSOM-Bataillon (Reception, Staging and Onward Movement) sowie die Stäbe zweier Logistikregimenter aufzustellen, um den Anforderungen der logistischen Unterstützung im Rahmen LV/BV gerecht werden zu können. Bereits dieses Jahr beginnt zum 01.10.2020 die Aufstellung des RSOM-Bataillons sowie des Stabs und der Stabskompanie Logistikregiment 1. Die nähere Betrachtung des RSOM Prozesses und die Beteiligung des DEU Bataillons werden u.a. Inhalt des nächsten Teils der Artikelserie sein, da sie der Phase Verlegung zuzurechnen sind.

Auch die materielle Ausstattung spielt im Rahmen der Phase Bereitstellung eine entscheidende Rolle. Einheiten und Verbände sind materiell zu 100% auszustatten und aufzustellen, um einsatzbereit zu sein. Dies gilt auch für die Verstärkungsreserve. Nur durch einen stärkeren und nachhaltigen materiellen Aufwuchs der Domäne Unterstützung wird es gelingen, eine adäquate „Voll“-Ausstattung zu erreichen. Um den Anforderungen von LV/BV gerecht werden zu können, sind Vollausstattungen zwingend. Erste Schritte dafür wurden eingeleitet und erste Erfolge sind bereits sichtbar. Als Beispiel sei hierfür exemplarisch ein erster Zulauf von Schwerlasttransportern 70 t genannt.

Neben dem oftmals im Fokus stehenden Großgerät gilt es jedoch genauso, die SOLL-gerechte Ausstattung mit den benötigten Sonderwerkzeugsätzen und Prüfmitteln, Nachtsichtgeräten, persönlicher Schutzausstattungen sowie Führungsmitteln konsequent voranzutreiben. Hier besteht unverändert großer Handlungsbedarf.

Für alle Bereiche gilt jedoch, dass eine Fähigkeit erst real wird, wenn die Strukturen auch entsprechend personell hinterlegt sind und wenn auch die Ausbildung und damit in letzter Konsequenz das „Mindset“ des Personals auf die neue Aufgabe ausgerichtet ist. Aus diesem Grund wurden die Lehrgänge an der Logistikschule der Bundeswehr wieder mehr auf das Szenar LV/BV fokussiert. Darüber hinaus schaffen Leitfäden und Übungen in der Truppenausbildung wieder Bilder, an denen die Truppe sich ausrichten und vorbereiten kann. Diese bereits in 2017 begonnenen Anstrengungen werden kontinuierlich und konsequent auch in Zukunft fortgesetzt.

Die genannten Maßnahmen der Phase Bereitstellung müssen jedoch lange vor einem Einsatzbefehl für die Streitkräfte abgeschlossen sein, um so die Voraussetzungen zu schaffen, dass zum Zeitpunkt des Einsatzbefehls alle benötigten Fähigkeiten und Mittel vollumfänglich verfügbar sind.

Vor allem der Schritt von der mehr als zwei Jahrzehnte vorherrschenden Bereitstellungslogistik zu einer Bevorratungslogistik kann durchaus als Mammutaufgabe bezeichnet werden. Gleiches gilt für die Ausstattung mit neuem und auftragsorientiertem Material und Gerät.

Die notwendigen Lagefeststellungen sind bereits erfolgt. Nun gilt es, koordiniert und priorisiert die daraus abgeleiteten Maßnahmen umzusetzen. Doch dies bedarf Zeit und Geduld sowie eine gehörige Portion an gegenseitigem Vertrauen und Verlässlichkeit, da in vielen Bereichen auch die Industrie ein wesentlicher Bestandteil, z.B. bei der Herstellung von Gerät und Ersatzteilen, ist. In diesem Zusammenhang ist der über die jeweiligen Zwischenziele des Fähigkeitsprofiles schrittweise Aufbau eines 30-Tage-Einsatzvorrates ein Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn insgesamt ein langer Weg vor uns liegt, welcher u.a. auch einen großen Umfang an Ressourcen (Personal, Finanzmittel etc.) erfordert, ist dieser zum Aufbau einer glaubwürdigen Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung jedoch alternativlos.

Herausgeber: Logistikkommando der Bundeswehr, Abteilung Planung I 1 Konzeption

 

 

Die neue Atomwaffendebatte und die NATO

Die Rückkehr der Kernwaffen in die internationale Sicherheitspolitik

Helmut W. Ganser, Brigadegeneral a. D.

Im Kalten Krieg verfügten die Atommächte über insgesamt ca. 70.000 Atomwaffen, eine nicht fassbare Vernichtungskraft. Etwa zehn Prozent davon waren auf deutschem Boden disloziert. In einem beispiellosen Abrüstungsprozess haben die Vereinigten Staaten und Russland in den 1990er Jahren ihre Atomwaffen drastisch reduziert. Trotz weitergehender Initiativen einschließlich der Vision eines „Global Zero“ verschwanden die Nuklearwaffen jedoch keineswegs aus der internationalen Sicherheitspolitik. Sie blieben weiterhin Teil der nationalen Streitkräfteplanungen der Nuklearmächte, wurden instand gehalten und modernisiert. Heute verfügen die inzwischen neun Atommächte (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Indien, Pakistan, Israel, Nordkorea) über insgesamt ca. 14.000 Atomsprengköpfe, über 90 Prozent davon befinden sich in den russischen und amerikanischen Streitkräften. Der Einsatz selbst eines kleinen Bruchteils all dieser Waffen würde nicht nur Millionen von Menschenleben vernichten und unvorstellbare Zerstörungen in den angegriffenen Regionen verursachen. Er wäre gleichzeitig mit katastrophalen ökologischen Folgen verbunden. Ein jahrelang andauernder „nuklearer Winter“ würde zum Zusammenbruch der Nahrungsmittelversorgung für die Weltbevölkerung führen.

Im Zuge der sich seit Mitte des ersten Jahrzehnts ausweitenden Entfremdung und des Vertrauensverlusts zwischen Russland und den USA bzw. der NATO kehrten die Atomwaffen Schritt für Schritt wieder ins Zentrum der strategischen Planungen zurück. Für Moskau sind die Kernwaffen ausweislich der russischen Militärdoktrin das Rückgrat der nationalen Verteidigungsstrategie. Die NATO bekennt sich seit Jahren in Erklärungen ihrer Staats- und Regierungschefs/-chefinnen zu ihrem Status einer „nuklearen Allianz“. Im Zusammenhang mit der völkerrechtswidrigen Intervention in der Ukraine 2014 und der Annexion der Krim brachte der russische Präsident Wladimir Putin seine Atomwaffen rhetorisch ins Spiel, was im Westen vielfach als nukleares Säbelrasseln verstanden wurde. Die Stationierung russischer bodengestützter Marschflugkörpersysteme des Typs 9M729, die nach westlichen Erkenntnissen aufgrund ihrer 500 Kilometer übersteigenden Reichweite gegen den Mittelstreckenvertrag (INF-Vertrag) von 1987 verstoßen, provozierte 2019 den Kollaps dieses zentralen Bausteins der internationalen Rüstungskontrolle für Europa. Im Zuge gegenseitiger Vorwürfe, das Abkommen zu verletzen, entstand der Eindruck, dass beide Mächte aus geostrategischen Erwägungen und die Interessen Europas missachtend, nicht mehr an diesem Vertragswerk interessiert sind. Die USA und Russland haben inzwischen den Abrüstungs- und Rüstungskontrollpfad verlassen und stellen die Abschreckungslogik wieder in den Mittelpunkt ihrer Sicherheitsstrategien. Falls der New-Start-Vertrag, der die strategischen Kernwaffen begrenzt, bis zum 5.2.2021 nicht verlängert wird, werden alle vertraglichen Begrenzungen der Atomwaffen der beiden Großmächte aufgehoben sein. Es droht eine Rüstungsdynamik mit potenziell negativen Folgen für die strategische Stabilität. Beide Mächte gefährden damit überdies den für die Nichtweiterverbreitung wichtigen Atomwaffensperrvertrag (NPT), der ihnen Abrüstungsschritte auferlegt hat. Offenbar liegen die größten Hürden für eine New-Start-Verlängerung in Washington.

Nuklearstrategische Rationale gestern und heute

In der nuklearstrategischen Debatte werden traditionell zwei Szenarien bzw. Denkschulen differenziert, die miteinander in Wechselwirkung stehen. Das erste Szenario ist auf die Triade der strategischen Kernwaffensysteme (Interkontinentalraketen, seegestützte Raketen und Langstreckenbomber) bezogen. Im Mittelpunkt steht das Konstrukt der strategischen Stabilität, das auf einer technologisch gesicherten Zweitschlagsfähigkeit (Mutually Assured Destruction) basiert. Strategische Stabilität ist hier nach traditioneller Auffassung dann gegeben, wenn einem potenziellen Gegner durch die Konfiguration der eigenen Systeme verwehrt wird, diese in einem Erstschlag (First Strike Capability) auszuschalten. Auf gesicherter Zweitschlagsfähigkeit (Second Strike Capability) beruht der militärische Kern strategischer Stabilität. Dieser Kern bedarf der politischen Ummantelung durch ein stabilisierendes Management der strategischen Beziehungen der Atommächte, in der kooperative Rüstungssteuerung einen zentralen Raum einnehmen sollte. Die seit Jahren gewachsene geopolitische Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und Russland untergräbt schleichend diese Stabilitätsbedingungen.

Aus meiner Sicht behält das Prinzip strategischer Stabilität unabhängig von der Größe der jeweiligen Arsenale und losgelöst davon, ob eine bipolare oder multipolare Weltsicht vorherrscht, auch im 21. Jahrhundert ihre Gültigkeit. Die Überlebensfähigkeit ihrer Kernwaffen bleibt für alle Atomwaffenstaaten, größere und kleinere, eine Conditio sine qua non. Die USA und Russland stehen indessen vor der Herausforderung, gegebenenfalls unter Einbeziehung Chinas, ein neues Verständnis von strategischer Stabilität zu entwickeln. Denn die dem Stabilitätsbegriff zugrunde liegenden Parameter sind durch Raketenabwehr, Hyperschallsysteme, U-Boot-Abwehrsysteme, Anti-Satellitenwaffen und Cyber-Angriffspotenziale auf die digitalen Führungssysteme komplexer geworden. Vor allem die Auswirkungen der technologischen Entwicklungen in der neuen Domäne Cyber- und Informationsraum auf die Nuklearstrategien und die strategische Stabilität müssen stärkere Beachtung finden. Es bedarf vertiefter Analysen, inwieweit die digitalen Command-and-Control-Systeme für Einsatz und Sicherheit der Atomwaffen durch Cyberangriffe verletzbar werden, insbesondere im Blick auf potenzielle technologische Durchbrüche? Die Überlebens- und Funktionsfähigkeit der nuklearen Abschreckung könnte dadurch infrage gestellt werden, mit gefährlichen Implikationen für die Stabilität in Krisenlagen. Überdies erscheint möglich, dass massive Cyberangriffe auf zentrale kritische Infrastrukturen eines Landes eine größere Schadenswirkung hervorrufen, als Atomwaffen mit geringeren Sprengwerten, und damit gegebenenfalls die nukleare Schwelle unterlaufen.

Das zweite Szenario ist auf einen konventionellen bewaffneten Konflikt bezogen, in dem eine Eskalation mit Atomwaffen möglich ist. Im Kalten Krieg gehörte es zur Staatsraison der Bundesrepublik, die 5.000 in Deutschland stationierten US-Kernwaffen als politische Abschreckungswaffen und keinesfalls als Gefechtsfeldwaffen zu begreifen. Die Bundesregierung legte größten Wert auf ein ungeteiltes Abschreckungskontinuum, in dem erwartet wurde, dass die USA zur Verteidigung Europas im Rahmen einer vorbedachten Eskalation glaubwürdig den Einsatz ihrer strategischen Waffensysteme androhen. Aus deutscher Sicht war es zwingend, im Fall des Versagens der Abschreckung schlimmstenfalls einen Nuklearwaffeneinsatz mit dem Ziel der schnellen Kriegsbeendigung zuzulassen, um die Selbstvernichtung des eigenen Landes durch viele Atomschläge zu verhindern. Dies widersprach indessen dem Verständnis der Kriegsplaner_innen in Washington und in der NATO, die den Einsatz taktischer Nuklearwaffen mit kurzer Reichweite auf dem überwiegend deutschen Gefechtsfeld im Rahmen der vorbedachten Eskalation planten und in NATO-Übungen simulierten. Die Stationierung zahlreicher Atomwaffenträger mit kurzen Reichweiten, über die ebenfalls die deutschen Streitkräfte verfügten, untermauerten diese Planungen. Dazu gehörten nukleare Artilleriesysteme u. a. in der Bundeswehr und bis 1965 sogar die Miniaturatomwaffe „Davy Crockett“, deren Atomsprengkopf von einer Dreibeinlafette über nur zwei bis vier Kilometer Entfernung durch amerikanische Soldat_innen verschossen werden konnte. Auf sowjetischer Seite gab es Kofferbomben, die durch Personal der Spezialkräfte getragen und zur Detonation gebracht werden konnten. Über den Verbleib dieser Atomwaffen im Zuge des Zusammenbruchs der Sowjetunion bestehen immer noch Zweifel. Die Tatsache, dass der Kalte Krieg nicht in einen heißen Konflikt umschlug, ist ein großer Glücksfall für Deutschland, denn im Fall einer nuklearen Eskalation wäre es wahrscheinlich größtenteils zerstört und unbewohnbar geworden.

Die NATO hat ihre taktischen Atomwaffen nach dem Kalten Krieg abgerüstet und verfügt in Europa im Rahmen der nuklearen Teilhabe von fünf NATO-Staaten nach Expertenhinweisen noch über ca. 150 bis 200 atomare Flugzeugbomben, die als substrategische Waffen bezeichnet werden. Dementgegen hält Russland weiterhin 1.500 bis 1.800 taktische Kernwaffen in seinem Arsenal, die teilweise in der Exklave Kaliningrad, also innerhalb des NATO-Raumes disloziert sind. Russische Expert_innen verweisen mit Blick auf diese hohe Zahl auf die insgesamt 500 französischen und britischen Nuklearsprengköpfe. Nicht wenige Expert_innen halten den heutigen Zustand der Beziehungen zwischen Russland und den USA bzw. der NATO für instabiler und gefährlicher als im Kalten Krieg. In Osteuropa stehen sich erneut militärische Kräfte Russlands und der NATO unmittelbar gegenüber, ohne dass stabilisierende Maßnahmen zur Transparenz und Vertrauensbildung vereinbart sind, die zur Verhinderung unbeabsichtigter Zusammenstöße mit Eskalationspotenzial beitragen können.

Im Folgenden soll die Schuldfrage, welche Seite für die neue Konfrontation mehr verantwortlich ist, nicht im Mittelpunkt stehen. Vielmehr geht es darum, die neue Nuklearwaffendebatte in systemischer Perspektive und mit dem Erkenntnisinteresse zu beleuchten, welcher Handlungsbedarf besteht, um Frieden und Sicherheit in Europa zu erhalten. Die Betrachtung der Lage nur von einem Interessenstandpunkt aus würde die übergreifenden Wirkungszusammenhänge ausblenden. Die Folgen eigenen Handelns müssen stets in die sicherheitspolitische Analyse und die strategische Vorausschau einbezogen werden. Nukleare Abschreckungstheorien sind Denksysteme voller Ungenauigkeiten, Ungewissheiten und manchmal Mystifikationen. Sie beruhen auf zu glaubenden, letztlich nicht belegbaren Annahmen über den Verlauf eines Atomkrieges. Niemand weiß und keiner vermag vorherzusagen, welche Dynamiken sich vor und nach dem Ersteinsatz einer Kernwaffe ergeben würden.

Dieser Beitrag konzentriert sich auf die dominierenden Atommächte Vereinigte Staaten und Russland und deren überragende Bedeutung für die europäische Sicherheit. Obwohl die Zahl chinesischer Atomsprengköpfe mit unter 300 angegeben wird, gewinnt der Faktor China in den nuklearstrategischen Überlegungen von Washington und Moskau an Bedeutung. Insbesondere die chinesischen Mittelstreckensysteme üben schon einen hemmenden Einfluss auf die Rüstungskontrolle zwischen den atomaren Großmächten aus. Vor allem die USA fordern vor dem Hintergrund der geostrategischen Rivalität beider Supermächte im indo-pazifischen Raum die Einbeziehung Chinas in Verhandlungen über Mittelstreckenwaffen. Die Atomwaffen Indiens und Pakistans haben im Zusammenhang mit der Zunahme von Spannungen zwischen beiden Regierungen im Jahr 2019 international wieder stärkere Beachtung gefunden. Ein indisch-pakistanischer Krieg mit atomarer Eskalation würde das seit Hiroshima und Nagasaki bestehende nukleare Tabu brechen und könnte überdies weitreichende globale ökologische Folgen nach sich ziehen.

Europäische Dilemmata der erweiterten Abschreckung durch den Bündnispartner Vereinigten Staaten

Die Staats- und Regierungschefs/-chefinnen der NATO haben in ihren Gipfelerklärungen von 2016 und 2018 den Charakter der NATO als nukleares Bündnis betont und differenzierter als in früheren Kommuniqués die Grundzüge ihres politischen Abschreckungs- und Verteidigungsrationals beschrieben. Sie akzentuieren darin die Rolle der strategischen und substrategischen Kernwaffen für eine glaubwürdige Abschreckung und unterstreichen die Notwendigkeit der permanenten Anpassungsfähigkeit des Bündnisses mit Blick auf die Rüstungsentwicklung potenzieller Gegner. Die Bedeutung der nuklearen Teilhabe europäischer Staaten wird hervorgehoben.

In der medialen und wissenschaftlichen Debatte über die Atomwaffen fällt seit Jahren auf, dass sich nur wenige Autor_innen mit den Rationalen und Kalkülen befassen, die den nuklearen Abschreckungsstrategien zugrunde liegen. Die Debatte ist meist auf die Waffensysteme und deren Abrüstung und Rüstungskontrolle fokussiert. Bisweilen entsteht der Eindruck, dass sich ein großer Teil der Wissenschaftler_innen und die meisten sicherheitspolitischen NGOs in Deutschland aus politisch-moralischen Gründen nicht mit dem nuklearstrategischen „Maschinenraum“ befassen. Es fällt offenbar leichter, sich auf Waffensysteme zu konzentrieren und in Abrüstungskategorien zu denken, anstatt sich sachlich mit Nuklearstrategien auseinanderzusetzen. Faktisch wird das Feld so den Strateg_innen und Planer_innen in den militärpolitischen Stäben überlassen, ohne deren Konzepte und Gedankengänge zu durchdringen und intellektuell herauszufordern. Dies war im Kalten Krieg anders. Als Beispiel seien die Wissenschaftler_innen um Carl Friedrich von Weizsäcker erwähnt, die sich z. B. mit der NATO-Strategie der „Flexible Response“ kritisch und fachkundig auseinandergesetzt haben. Viele ihrer damaligen Erkenntnisse sind heute wieder aktuell. Auch Wolf Graf von Baudissin, der erste Direktor des Instituts für Friedens- und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH), hat sich in den 1980er Jahren dezidiert zur Nuklearstrategie und Rüstungskontrolle der Kernwaffen geäußert, u. a. anderem im Rahmen einer Studiengruppe der Vereinigung deutscher Wissenschaftler.

Mit der tragenderen Rolle der Atomwaffen in der aktuellen Strategie der NATO kehren längst überwunden geglaubte Dilemmata der erweiterten Abschreckung, das heißt der Ausdehnung des amerikanischen „atomaren Schutzschilds“ auf Europa wieder zurück. Im Mittelpunkt jeder Abschreckungsstrategie steht die Frage nach deren Glaubwürdigkeit. Eine zentrale Überlegung ist, dass ein Spektrum an nuklearen Optionen und Einsatzmitteln erforderlich ist, um diese Glaubwürdigkeit zu untermauern. Damit verbunden ist das Rational, dass der erweiterte Atomschirm der USA für Europa weniger verlässlich sei, wenn dazu nur die amerikanischen strategischen Nuklearwaffen zur Verfügung stünden. Erst die Androhung des Einsatzes von US-Atomwaffen, die vom europäischen Boden aus und insbesondere durch Streitkräfte europäischer Bündnispartner eingesetzt werden können, stelle eine glaubwürdige Abschreckung her. Dieses Argument gründet auf der meist unausgesprochenen Annahme, dass die USA aus ureigenem nationalen Interesse versuchen würden, eine unvermeidbare nukleare Eskalation zwischen der NATO und Russland möglichst auf den europäischen Raum zu begrenzen und das eigene Territorium als Sanktuarium anzusehen und nicht in Mitleidenschaft zu ziehen. Carl Friedrich von Weizsäcker hat diesen grundsätzlichen Sachverhalt wie folgt auf den Punkt gebracht: „Amerika wird zur Rettung Europas nicht die Selbstvernichtung riskieren.“ Es ist anzunehmen, dass jede_r amerikanische Präsident_in vermeiden will, in einem Krieg in Europa Nuklearwaffen einzusetzen. Sollte die nukleare Schwelle aber dennoch überschritten werden, dürften die USA, wie im Übrigen ebenso Russland, bemüht sein, ihr eigenes Territorium aus einer nuklearen Eskalation herauszuhalten. Die Glaubwürdigkeit der erweiterten Abschreckung beruht daher letztendlich auf dem unkalkulierbaren Risiko für einen Gegner, nicht hinreichend sicher einschätzen zu können, wie der oder die amerikanische Präsident_in und die NATO in einer nuklearen Krise reagieren würden.

Vor diesem Hintergrund sind die Parameter der aktuellen Modernisierung und Weiterentwicklung der Atomwaffentechnologie zu betrachten. Sie ist auf amerikanischer Seite durch weiter erhöhte Zielgenauigkeit der Trägersysteme und die Low-Yield-Modernisierung, das heißt durch neue Atomsprengköpfe mit kleinen Sprengwerten charakterisiert. Die neue B 61-12 Wasserstoffbombe, mit der auch die Dual-Capable-Flugzeuge der europäischen NATO-Staaten im Rahmen der nuklearen Teilhabe ausgerüstet werden, verfügt nach Medieninformationen über einstellbare Sprengwerte im Bereich unter einer Kilotonne. Die US-Streitkräfte verfügen nach der Einführung hochwirksamer konventioneller Sprengköpfe (Prompt Global Strike) auf strategischen Trägersystemen neuerdings auch über nukleare Gefechtsköpfe mit relativ geringer Sprengkraft auf seegestützten ballistischen Raketen. Diese Technologie basiert offensichtlich auf der Absicht, flexiblere Einsatzoptionen zu schaffen, das heißt die Systeme handhabbarer bzw. einsetzbarer zu machen, indem die Schadenswirkung einer Nuklearexplosion begrenzt wird. Auf amerikanischer Regierungsseite wird argumentiert, dass die Abschreckung dadurch gestärkt werde, insbesondere im Hinblick auf die Verbreiterung des Reaktionsspektrums gegen neue auf Europa zielende russische Mittelstreckensysteme. Diese Argumentation gründet auf nicht seriös begründbaren Annahmen und Vermutungen. Denn niemand kann realistisch einschätzen, was zwischen den Atommächten vor und nach dem Ersteinsatz einer Nuklearwaffe passieren wird. Eine unweigerliche Folge der neuen Low-Yield-Atomwaffen dürfte die Senkung der nuklearen Schwelle sein. Die selbst abschreckende bzw. selbst disziplinierende größere Schadenswirkung soll offenbar auf diese Weise verringert werden. Dies könnte sich beim Versagen der Abschreckung für die betroffenen Länder am Ende als verhängnisvoll erweisen. Denn nach dem Ersteinsatz von Atomwaffen mit kleineren Sprengwerten besteht die reale Gefahr, dass eine Spirale von Schlägen und Gegenschlägen mit am Ende größten Verwüstungen entsteht. Vor diesem Hintergrund muss über politische Konsultationen in der NATO verhindert werden, dass die Fahrlässigkeit, mit der im Kalten Krieg in Ost und West rhetorisch und planerisch mit Atomwaffen umgegangen wurde, tendenziell in das aktuelle strategische Denken zurückkehrt.

In diesem Zusammenhang sollte erwähnt werden, dass Russland den atomaren Rüstungswettlauf ebenfalls anheizt und damit zur strategischen Instabilität beiträgt. Die Entwicklung und Indienststellung neuer Hyperschallatomwaffen (Luft-Boden-Rakete „Kinchal“ und Gleitflugkörper „Awangard“) verschärft die ohnehin bestehende nuklearstrategische Asymmetrie in Europa. Auch wenn diese Systeme vermutlich u. a. als Gegenrüstung zur amerikanischen Raketenabwehr konzipiert wurden, provoziert Moskau dadurch intensiver werdende Debatten in der NATO über Abschreckungslücken und Nachrüstungsforderungen.

Wege aus dem nuklearstrategischen Dilemma Europas

Zahlreiche Aussagen des amerikanischen Präsidenten Donald Trump haben in NATO-Staaten eine Debatte darüber ausgelöst, ob die erweiterte Abschreckung in der NATO weiterhin glaubwürdig bzw. verlässlich sei. Meiner Ansicht nach lenkt diese oft geäußerte Perzeption von dem tatsächlichen operativen Geschehen in der amerikanischen Rüstungsplanung ab. Die oben skizzierten technologischen und nuklearstrategischen Trends führen eher zu der Frage, ob die US-Administration die erweiterte Abschreckung nicht dennoch stärken will, dies aber im Sinne der Führbarkeit eines auf Europa oder Asien begrenzten Atomkriegs versteht. Das liefe dem Interesse der europäischen NATO-Staaten an der Rolle der Atomwaffen als politische Waffen in einem ungeteilten Abschreckungskontinuum und an einer hohen Schwelle für deren Einsatz zuwider.

In der sich intensivierenden deutschen Debatte über künftige Wege der Abschreckung sind vor allem zwei Strömungen erkennbar. Eine Denkrichtung, die wachsenden Zulauf u. a. im linken deutschen Parteienspektrum und den Kirchen erhält, fordert, dass Deutschland dem Atomwaffenverbotsvertrag beitritt und folglich aus der nuklearen Teilhabe aussteigt. Die entgegengesetzte Denkrichtung setzt auf eine die NATO-Abschreckung ergänzende oder ersetzende erweiterte Abschreckung auf Basis des französischen Nuklearpotenzials. Beide Strömungen fußen, ähnlich wie in den politischen Auseinandersetzungen um Frieden und Sicherheit im Kalten Krieg, auf völlig unterschiedlichen Voreinstellungen, die in den aktuellen Debatten oft ausgeklammert werden. Mehr oder weniger pazifistisch geprägten Grundauffassungen, wie z. B. dem Konstrukt der „Friedensmacht“ und der Ablehnung machtpolitischen Denkens, stehen Positionen entgegen, die die deutsche und europäische Sicherheit gegen atomare Bedrohungen von außen auch mit Kernwaffen abzusichern bereit sind. Dabei unterscheiden sich die Geister in der Einschätzung des russischen konventionellen und atomaren Militärpotenzials, vor allen Dingen der hohen Zahl an Atomwaffen kürzerer Reichweite, u. a. in Kaliningrad. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche strategische Funktion diese Waffen für Moskau gegenüber Europa haben und inwieweit es realistisch oder unrealistisch erscheint, dass Russland seine Atomwaffen in Krisensituationen zur politischen Erpressung nutzen würde. Diese Frage darf im Sinne intellektueller Redlichkeit nicht ausgeklammert, sondern muss beantwortet werden.

Der Atomwaffenverbotsvertrag, deren Protagonisten eine politisch-moralische Diskreditierung der Kernwaffen anstreben, wurde bisher von über 120 Staaten, weit überwiegend von Regierungen des globalen Südens, unterzeichnet. Die Atommächte und die NATO-Staaten sind dem Vertragswerk erwartungsgemäß nicht beigetreten. Als politische Mahnung an die Atommächte, ihren Abrüstungsverpflichtungen nachzukommen, erscheint diese Initiative durchaus sinnvoll. Denn die Nuklearmächte gefährden durch ihre Abkehr vom Abrüstungspfad den äußerst wichtigen Atomwaffensperrvertrag (NPT), in dem sie einst versprochen hatten, den nuklearen Abrüstungsprozess weiterzuführen. Der Atomwaffenverbotsvertrag erinnert außerdem daran, dass die Reduzierung der derzeit ca. 14.000 Atomwaffen in der Welt angesichts der unvorstellbar grausamen humanitären und ökologischen Folgen eines Atomwaffeneinsatzes auf der politischen Agenda bleiben muss. Als Mittel zur konkreten Stärkung von Frieden und Sicherheit ist das Vertragswerk allerdings untauglich und höchstwahrscheinlich sogar kontraproduktiv. Atomwaffenstaaten lassen sich durch einen Verbotsvertrag nicht beeindrucken. Substanzielle asymmetrische Abrüstungsschritte dürften in einer Welt der machtpolitischen Gegensätze und Krisen mit erheblichen politischen Instabilitäten und Friedensgefährdungen verbunden sein. Nur balancierte Schritte der Abrüstung und Rüstungskontrolle, wie beispielsweise im Rahmen von New Start oder ganz neuen Rüstungskontrollinitiativen, können Wege entstehen lassen, die von Atomwaffen wegführen.

Inzwischen wird angesichts von Zweifeln an der Zuverlässigkeit des amerikanischen Schutzschirms in Deutschland die Möglichkeit einer erweiterten Abschreckung durch die Atommacht Frankreich diskutiert. Die Einladung von Präsident Emmanuel Macron zu einem Dialog über atomare Abschreckung an die Europäer_innen hat diese Denkrichtung beflügelt. Zwei Aspekte erscheinen dabei bedenkenswert. Erstens bedarf es der Klärung, welche Zielvorstellungen Präsident Macron hier bewegen und ob Frankreich jemals bereit wäre, seine Autonomie über die Verfügbarkeit der Kernwaffen aufzugeben bzw. zu teilen. Dies wäre überdies ein entscheidender Punkt bei der bereits diskutierten Frage einer deutschen oder europäischen Mitfinanzierung der französischen Nuklearstreitmacht. Zweitens bedarf es einer realistischen Bewertung, ob die Nuklearstreitkräfte Frankreichs in ihrer Zahl und Konfiguration trotz der insgesamt ca. 300 Atomsprengköpfe eine hinreichende Überlebensfähigkeit besitzen. Dies kann unter der Annahme von maximal zwei permanent im Einsatz befindlichen strategischen U-Booten, dem Rückgrat der französischen nuklearen Abschreckung, sowie einigen nuklearfähigen Bombern mit begrenzter Reichweite und Eindringfähigkeit durchaus bezweifelt werden. Überdies würden die oben skizzierten prinzipiellen Probleme der erweiterten Abschreckung eines Staates für andere im Grunde bestehen bleiben. Würde der französische Präsident z. B. in seinem nationalen Abschreckungsrational für die Verteidigung Hamburgs die Vernichtung von Marseille riskieren?

Aus all dem resultiert, dass es für NATO-Europa auf absehbare Zeit keine realistische Alternative zur erweiterten Abschreckung durch die Vereinigten Staaten gibt. Es sei denn, die Debatte würde sich in Richtung auf eine primär seegestützte multinationale europäische Abschreckungsmacht weniger EU-Staaten, gegebenenfalls im Sinne der strukturierten Zusammenarbeit und auf Basis der französischen Nukleartechnologie entwickeln – durchaus ergänzend zur erweiterten Abschreckung durch die USA im NATO-Rahmen und damit die Kalküle jedes potenziellen, nuklear gerüsteten Gegners komplizierend. Derartige Visionen verweilen einstweilen hinter den bestehenden politischen Horizont, erscheinen aber zumindest theoretisch diskussionswürdig.

Insgesamt bleibt den europäischen Regierungen angesichts der offensiven russischen Rüstungspolitik mit weiterhin mehreren Tausend auf Europa gerichteten Atomwaffen kurz- und mittelfristig nur die Wahl, auf den amerikanischen Atomschirm zu setzen und weit stärker als bisher auf deren Ausrichtung Einfluss zu nehmen. Atomarem „Gefechtsführungsdenken“ und der Regionalisierung des Einsatzes von Nuklearwaffen muss dabei auf bilateraler Ebene und im Rahmen der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) der NATO Einhalt geboten werden. Die nukleare Teilhabe der fünf europäischen NATO-Staaten mit Kampfflugzeugen (Dual Capable Aircraft) ist für diese Einflussnahme auf die US-Regierung unverzichtbar, weil sie die für die USA fundamentale und nachvollziehbare transatlantische Risikoteilung untermauert und den teilhabenden Partnern ein gewisses Maß an Transparenz, auch über die NPG hinaus, ermöglicht. Ein Ausstieg aus der nuklearen Teilhabe würde das Risiko für Deutschland vergrößern, weil die Einflussnahme in der NATO und auf deren Nuklearstrategie geschwächt würde. Wer dies dennoch fordert, sollte über politisch-moralische Begründungen hinaus erklären, wie er oder sie auf andere Weise dem massiven, auf Europa gerichteten Nuklearpotenzial Russlands zu begegnen bereit ist. Hinweise auf Diplomatie und Dialog reichen dazu bei Weitem nicht aus. Es gibt keinen glatten Ausweg aus dem nuklearen Problem. Es geht um verantwortungsvolles politisches Handeln in einer potenziell existenziellen Dilemmasituation. Die Nachfolgeentscheidung für die als Atomwaffenträger vorgesehenen veralteten Tornado-Kampfjets der deutschen Luftwaffe ist seit Jahren überfällig. Die Optionen dafür liegen lange auf dem Tisch. Etwaige Hintergedanken in dem einen oder anderen politischen Lager, den Ausstieg aus der deutschen nuklearen Teilhabe indirekt über die technisch notwendige Ausmusterung der Tornado-Kampfflugzeuge zu erzwingen, wären unseriös.

Darüber hinaus bedarf es dringend neuer Initiativen für eine Rüstungskontrolle der substrategischen Waffen in Europa, um das weitere Abrutschen in strategische Instabilität zu vermeiden. Der aktuelle Zusammenbruch der nuklearen Rüstungskontrolle darf nicht zu einer Art unberechenbarer Anarchie in den strategischen Beziehungen führen. Neue Initiativen sollten von den Europäer_innen ausgehen, weil es in ihrem herausragenden Interesse liegt, Kernwaffen ausbalanciert zu reduzieren. Als Lichtblick erscheint, dass Delegationen aus den USA und Russland über die Implikationen der technologischen Entwicklungen für die strategische Stabilität sprechen, und dass China dabei gegebenenfalls einbezogen werden könnte. Eine solche trilaterale Rüstungskontrolle ist aufgrund der erheblichen Asymmetrien äußerst schwierig. Wissenschaftler_innen und Praktiker_innen, die dies fordern, sollten Ideen und Vorschläge entwickeln, wie trilaterale Wege zu mehr Stabilität konkret beschritten werden können. Es bleibt zu hoffen, dass bilaterale und gegebenenfalls trilaterale Konsultationen zu einem gemeinsamen Verständnis von strategischer Stabilität und zu vereinbarten Prinzipien und Verhaltensregeln führen, um Frieden und Sicherheit zu erhalten. Amerikanisch-sowjetische Abkommen aus den frühen 1970er Jahren, wie z. B. das „Abkommen über die Verhinderung eines Nuklearkrieges“ von 1973, könnten dabei Pate stehen bzw. als Muster für eine Rückbesinnung auf das gemeinsame existenzielle Interesse an kooperativer Sicherheit gelten. Eine politisch bindende Vereinbarung zwischen Russland und der NATO zu einem vertrauensbildenden „No First Use“ von Atomwaffen könnte unter Umständen als erster Schritt im NATO-Russland-Rat abgestimmt und beschlossen werden. Dieser Vorschlag bleibt allerdings so lange unrealistisch, wie es nicht gelingt, eine politische Entspannung im Verhältnis USA/NATO und Russland herbeizuführen und sich trotz substanzieller Gegensätze auf gemeinsame Interessen zu besinnen. Das gegenseitige Vertrauen ist schnell verspielt worden. Vertrauen wieder aufzubauen ist ein langwieriges Unterfangen. Die Zeit aber drängt.

Autor: Helmut W. Ganser, Brigadegeneral a.D. und Berater zu Themen multilateraler Sicherheitspolitik

Bilder:
Flagge: Wikipedia
Portrait: IPG Journal

Zuwachs für die militärische Fahrzeugfamilie

Die Bundeswehr erhält über 500 neue LKWs vom Typ „WLS (Wechselladersystem)“. Der dazugehörige Vertrag zur Herstellung und Lieferung wurde am 18. Juni 2020 im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in Koblenz unterschrieben. Vertragspartner ist die Firma Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH (RMMV). Insgesamt kann das BAAINBw auf Grundlage des geschlossenen Vertrages bis zu 4.000 Fahrzeuge beschaffen. In einer ersten Tranche sollen 540 Wechselladersysteme der Zuladungsklasse 15 Tonnen zulaufen. „Mit diesem Vertrag knüpft das BAAINBw an die Erfolgsgeschichte der ungeschützten Transportfahrzeuge‚ UTF mil an.“, so OTL Bischof , der zuständige Projektleiter beim BAAINBw. Die Fahrzeuge sind hochmobil, geländegängig und allradgetrieben, können Ladungen von bis zu 15 Tonnen transportieren und sind mit der bewährten Wechselladerpritsche des schon eingeführten Systems MULTI ausgestattet. Dank dieser Wechselladereinrichtung kann das Be- und Entladen von Versorgungsgütern ohne weitere Unterstützung durch Umschlagmittel wie Krane oder Gabelstapler erfolgen.

Bild: WLS „Wechselladersystem“ geschützt, ungeschützt

Die Fahrerhäuser, die je nach Bedrohungslage in einer geschützten (umgangssprachlich: gepanzerten) oder ungeschützten (also ungepanzerten) Variante wechselweise aufgesetzt werden können, sind als 3-Mann-Fahrerhaus ausgeführt und nach den neuesten ergonomischen Erkenntnissen ausgestattet. In der geschützten Variante bieten sie den Insassen Schutz gegen Sprengstoffanschläge, Beschuss mit Handfeuerwaffen sowie die Wirkung von ABC-Waffen. Das Volumen des Vertrages von über 350 Millionen Euro beinhaltet neben der Lieferung der Fahrzeuge und des Zubehörs auch die Schulung des technischen Personals der Bundeswehr.

 

Copyright und Bilder: Bundeswehr/BAAINBw

Schmitz Cargobull AG, ein kooperativer Partner stellt sich vor

Schmitz Cargobull AG ist der europäische Marktführer für Sattelauflieger und Aufbauten im Bereich der schweren Nutzfahrzeuge. 1892 wurde das Unternehmen als Schmiede im Münsterland gegründet. Der reiche Erfahrungsschatz, die konsequente Unternehmenspolitik und das umfangreiche Angebot von zuverlässigen und innovativen Transportlösungen mit effizienten Nutzfahrzeugen für das Transportgewerbe, haben den Namen Schmitz Cargobull mit dem blauen Elefanten zu einem Markenzeichen werden lassen.

Als Vorreiter der Branche entwickelte das Unternehmen aus dem Münsterland frühzeitig eine umfassende Markenstrategie und setzte konsequent Qualitätsstandards auf allen Ebenen. Das Leistungsangebot umfasst die kompetente Beratung sowie das umfangreiche Paket an Dienstleistungen „rund um den Trailer“. Das beinhaltet maßgeschneiderte Finanzierungen, umfassende Trailer Telematik-Dienste, zuverlässige, europaweit funktionierende 24/365-Ersatzteilversorgung, auditierte Werkstatt-Partner, komplette Full-Service-Pakete und die Vermarktung der Gebraucht­fahrzeuge.

Schmitz Cargobull verfügt über ein Produktionsnetzwerk mit acht industriellen Fertigungsstätten in Europa. Absatzmärkte sind alle europäischen Länder, einschließlich Zentral- und Osteuropa, der Nahe und Mittlere Osten, China, Australien und Afrika. Schmitz Cargobull liefert Trailer für den sicheren und effizienten Transport. Die Leistungspalette umfasst die Produktion von Sattelkoffern für den Trockenfracht-, Frischdienst- und Tiefkühltransport mit integrierter Telematik ab Werk sowie einer Schmitz Cargobull Transportkältemaschine; Sattelcurtainsider für „General Cargo“ und gewerbliche Fertigwaren (Stahl, Papier, Getränke), Sattelkipper mit optimiertem Eigengewicht und optionaler Thermoisolierung für Schüttgüter aller Art, Motorwagen­aufbauten für den City-Verteilerbereich und Nahverkehr; Sattelcontainer-Fahrgestelle für den Transport von See-Containern, sowie Anhänger- und Zentralachs-Wechselfahrgestelle mit vielfältigen Ausstattungsvarianten und Optionen, perfekt abgestimmt  für den Einsatz bei Sicherheits- und Verteidigungsaufgaben.

Bild: Zweiachs-Anhängerwechselfahrgestell A.WF

Mit dem robusten Zweiachs-Stahlchassis und Containerverriegelungen für 1 x 10’ mittig bzw. 2 x 10’ sowie 1 x 15’ und 1 x 20’ bietet das Anhänger-Wechselfahrgestell A.WF optimale Vorrichtungen zur Sicherung und Unterstützung.  Zum flexiblen Transport austauschbarer Module und Container ist es optimal auf die Einsatzbedingungen für den intermodalen Transport (Zug, Schiff, Flugzeug) abgestimmt. Konstruiert und getestet für Transportaufgaben unter militärischen Einsatzbedingungen mit ca. 14,5 to Nutzlast ist es geeignet für den Transport von Containern und Wechselaufbauten mit standardisierten ISO-Container-Aufnahmen (10ft,15ft,20ft) sowie mit individueller Schnittstelle für variable Einsatzbereiche (z.B. General Cargo, Paramedic, Workshop).

Auch das Zentralachs-Wechselfahrgestell Z.WF ist zum flexiblen Transport austauschbarer Module und Container ausgelegt. Konstruiert und getestet für Transportaufgaben unter militärischen Einsatzbedingungen mit ca. 3,5 to Nutzlast ist es geeignet für den Transport von Containern, Wechselaufbauten mit Standard ISO-Containeraufnahmen (10ft) oder mit individueller Schnittstelle für verschiedenste Transportaufgaben (z.B. Werkstatt, Telekommunikation, Flüssigkeitstanks, Catering, Sanitär, etc.).

Bild: Zentralachs-Wechselfahrgestell Z.WF

Dazu Mathias Liebezeit, Head of Governmental Sales, Schmitz Cargobull:

„Mit über 35 Jahren Erfahrung im Fahrzeugbau für Sicherheits- und Verteidigungskräfte hat sich Schmitz Cargobull als zuverlässiger Partner in diesem Segment nachhaltig etabliert. Unsere Produkte sind zertifiziert über die Bundeswehr sowie über die NATO. Dabei folgen wir dem Trend der Trennung von Funktionalität und Mobilität. Unser Produktportfolio kann verschiedenste Transportaufgaben flexibel abbilden, wobei eine robuste und langlebige Konstruktion für den Einsatz bei Sicherheits- und Verteidigungsaufgaben garantiert wird“.

Darüber hinaus bietet Schmitz Cargobull weitere zertifizierte Produkte für diesen Einsatz an:

  • Motorwagenaufbauten für verschiedenste Einsatzzwecke wie beispielsweise den Truppentransport.
  • Das Sattelcontainer-Fahrgestell S.CF MIL ist für den flexiblen Containertransport von 20ft bis zum 45ft Container ausgelegt.
  • Die Heavy-Duty Sattelpritsche S.PR HD bietet sich für verschiedene Transportauf­gaben an. Sie kann flexibel als Plattform, Plattform mit Ladebordwänden oder als geschlossener Aufbau mit Plane eingesetzt werden. Sie verfügt zudem ebenfalls über verschiedene Containeraufnahmen wodurch der Transport von Gefahrgut EXII sowie EXIII für die militärische Verwendung möglich ist.
  • Das Wechsel-Ladeplateau W.LP 14-2T ist ein ebenfalls etabliertes Produkt für den Einsatz bei Sicherheits- und Verteidigungsaufgaben. Die robuste Stahl-Plattform mit Stirnwand kann zum Transport von Containern sowie für die Nutzung verschiedenster Einsatzzwecke eingesetzt werden.

Text- und Bild: Schmitz Cargobull AG

Der Zaungast

Europa droht zum bloßen Zuschauer am Rande einer neuen, machtbasierten Weltordnung zu geraten

Wolfgang Hellmich, SPD, MdB

Wer sich im Dezember vergangenen Jahres der Hoffnung hingab, 2020 könnte einen frischen Anfang darstellen, wurde in diesem ersten Quartal recht brutal eines Anderen belehrt.

Die gezielte Tötung eines hochrangigen iranischen Militärs auf irakischem Boden durch die USA, ein bilaterales Abkommen zwischen den Taliban und den USA, sowie die kaskadenhafte Eskalation in Nord-Syrien, an deren Anfang die türkische Bodenoffensive stand, in deren Folge sich die Situation in Idlib dramatisch zuspitzte und abermals hunderttausende Menschen in die Flucht gen Westen treibt. Für Europa ist all dies geradezu ein Offenbarungseid.

Mittelfristig wird sich die globale Ordnung hin zu einer Aufspaltung in wenige Großmächte einerseits und regionale Staatenverbünde andererseits entwickeln, so der ehemalige britische Premierminister Tony Blair bei eine Keynote Speech am Institute For Government in London Anfang September letzten Jahres.

Auch wenn man diese Einschätzung nicht in Gänze teilt, so beobachten wir in den vergangenen Jahren doch deutliche Entwicklungen, die eine solche These stützen.

Hieraus folgt zwangsläufig, dass jene Staaten, die weder das eine sind, noch dem anderen angehören, bei der Durchsetzung ihrer Interessen einen schweren Stand haben werden. Kein Staat Europas wäre, auf sich allein gestellt, heute fähig, seine Interessen weltweit auch nur annähernd so effektiv zu vertreten, wie es uns die EU aktuell ermöglicht oder zukünftig ermöglichen könnte. Während sich diese Sichtweise wirtschaftlich weitestgehend etabliert hat, bleibt die militärische Kooperation und Integration der EU-Mitgliedsstaaten noch weit dahinter zurück. Die Auflösung des Multilateralismus und die zunehmenden Multipolarität der politischen Weltordnung sind die zentralen Herausforderungen für die deutsche und europäische Außenpolitik. Europa droht zum bloßen Zuschauer am Rande einer neuen, machtbasierten Weltordnung zu geraten.

Zwar ist es europäischer Konsens, dass eine effektive Sicherheits- und Verteidigungspolitik nur europaweit und in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern Bestand haben kann, doch müssen die EU-Mitgliedsstaaten zum Erfolg dieser Strategie auch entschlossen und vor allem gemeinsam handeln. Hierzu ist eine Homogenisierung der verteidigungs- und rüstungspolitischen Bemühungen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten notwendig. Deutschland übernimmt hier als starkes Land eine aktive Rolle, um mit den weniger starken Staaten in Europa die gemeinsame Sicherheit zu gewährleisten.

In den vergangenen Jahren wurden bereits wesentliche Schritte im Sinne einer engeren europäischen Zusammenarbeit unternommen. So werden im Rahmen der „Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit“ (SSZ, engl. PESCO) verschiedene Projekte vereinbart, zu deren Umsetzung jeweils einige EU-Staaten in enger Zusammenarbeit kooperieren. Ferner steht bei dieser Form der Zusammenarbeit auch die Frage im Raum, unter welchen Bedingungen Nicht-EU-Länder an der PESCO beteiligt werden können. Nach meinem Dafürhalten wäre eine Öffnung sinnvoll, zumindest für die Nato-Partnerstaaten und die mit der EU vertraglich eng verbundenen Staaten, z.B. Norwegen, Israel, die USA und Großbritannien – unabhängig vom anstehenden Brexit. Auf einer praktischen Ebene macht die Koordination mit der Nato sichtbare Fortschritte, die Dopplungen ausschließen werden.

Im Herbst 2019 wird mit dem „Coordinated Annual Review on Defence“ (CARD) erstmals eine gemeinsame Übersicht über Verteidigungsausgaben implementiert, welche Fähigkeitslücken aufzeigen soll und den europäischen Staaten so eine transparente und auf die Fähigkeiten der Partner abgestimmte Planung ermöglicht. Ferner wird mit dem Europäischen Verteidigungsfonds (engl. EDF) ein Schwerpunkt auf die gemeinsame Forschung und Entwicklung von Rüstungsgütern gelegt. Und dies ist abgestimmt mit den Planungen der Nato, um unnötige Dopplungen zu vermeiden und mehr gezielte Wirksamkeit der investierten Mittel zu erreichen.

Gemeinsam stellen diese Mechanismen das Fundament dar, auf welchem es nun jene Strukturen zu errichten gilt, welche die gemeinsame europäische Sicherheits- und Außenpolitik in den nächsten Dekaden tragen werden.

All diese Bemühungen haben eine stärkere eigenständige Rolle Europas in der Sicherheit- und Verteidigungspolitik zum Ziel, in welche auch die zunehmende Anzahl bi- und trilateraler Vereinbarungen eingepasst werden muss. Der Kurs darf nicht durch das Ausspielen der europäischen Autonomie gegen das Schutzversprechen der Nato und die besondere Rolle der USA für einige Staaten bestimmt werden. An dieser Stelle ist nochmals zu betonen, dass es sich nicht um eine Parallelstruktur zur NATO handelt, sondern um die Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO und die Handlungsfähigkeit der EU.

Diese Entwicklung wird längerfristig betrachtet in einer europäischen Armee, kurzfristig in einer vertieften Kooperation der einzelnen Armeen untereinander münden. Klar ist, dass Europa seine Interessen in einer krisenbedrohten Welt nur zur Geltung bringen kann, wenn es zusammensteht. Hierzu zählen explizit auch die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Der Frieden nach Außen und Innen bleibt dabei auch zukünftig die wichtigste Aufgabe dieser Politik.

Quelle:

  • Autor: Wolfgang Hellmich, Mitglied des Deutschen Bundestages und u.a. des Verteidigungsausschusses
  • Bild: DBT von Saldern

Die Zivile Verteidigung und ihr Schattendasein

Christoph Unger
Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

„Die Bundesregierung hat wiederholt auf die Bedeutung der zivilen Verteidigung hingewiesen. Diese ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Gesamtverteidigung; in besonderem Maße dient sie dem Schutz der Bürger“….und weiter: „Die Bundesregierung ist bestrebt, den weiteren Ausbau der zivilen Verteidigung nach Kräften zu fördern. Sie erfüllt damit auch eine Verpflichtung, die ihr im Rahmen des Atlantischen Bündnisses obliegt….“

Dies schrieb Bundeskanzler Willy Brandt 1972 im Weißbuch zur zivilen Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland. Damals wie heute ist dieses Bekenntnis des ehemaligen Bundeskanzlers vordringlich und hat an seiner Bedeutung nichts verloren.

Parallel zu diesem Bekenntnis wird im diesem Weißbuch aber auch ohne Scham konstatiert, dass „die Probleme der zivilen Verteidigung im Rahmen der Gesamtverteidigung nur unzureichend gelöst“ worden seien und „die zivile Verteidigung in der Rangfolge politischer Prioritäten zurückgestuft und Wandlungen unterworfen wurde, die durch psychologische und politische Faktoren sowie durch die finanzielle Lage des Bundes“ bestimmt waren.

Soweit die Lagebeurteilung 1972. Doch wie stark unterscheidet sich eine Beurteilung des Zustandes der Zivilen Verteidigung heute im Jahr 2020 von damals? Trotz der im Jahr 2016 vom Bundeskabinett verabschiedeten so genannten „Konzeption Zivile Verteidigung“ sieht die Lage in der Realität kaum anders aus. Zumindest in Teilbereichen kann man sogar konstatieren, dass die Lage eher schlechter, und in einigen Bereichen sogar dramatisch schlechter ist, da seit Beginn der 90er Jahre bis 2016 zahlreiche Strukturen, Ressourcen und Fähigkeiten abgeschafft wurden und verloren gingen.

Seit 1972 hat es kein eigenständiges Weißbuch zur Zivilen Verteidigung mehr gegeben. In keinem der in den letzten Jahrzehnten folgenden „großen“ Weißbücher zur Sicherheitspolitik und zur Lage der Bundeswehr wurde der zivilen Verteidigung eine auch nur ansatzweise gleichrangige Bedeutung wie der militärischen Verteidigung zugemessen. Dabei kann eine erfolgreiche militärische Verteidigung bzw. ein erfolgreiches militärisches Operieren in Konflikten, Krisen und im Krieg nur dann dauerhaft möglich sein, wenn sie auf wirksame Fundamente der zivilen Verteidigung bauen und vertrauen kann.

Dies ist heute mehr denn je so, da die Streitkräfte, aus wirtschaftlichen Gründen auf ihr absolutes Kerngeschäft reduziert wurden und von zivilen Dienstleistungen und der Unterstützung aus dem zivilen öffentlichen und dem privaten Sektor abhängig sind wie selten zuvor.

Die Problematik rund um unser Thema beginnt heute schon mit dem Verständnis der eng zusammenhängenden Begriffe und Aufgaben von Gesamtverteidigung, militärischer Verteidigung und ziviler Verteidigung.

Im Rahmen der derzeit langsam verlaufenden Umsetzung der KZV – die Gründe sind ähnlich wie in der Analyse im Weißbuch von 1972, nämlich politische und psychologische sowie die niedrige Priorität bei angespannter Kassenlage – müssen verschiedene fachliche Rahmenkonzepte von der Bundesverwaltung wie dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) erarbeitet und dann in einen komplexen Abstimmungsprozess über die zu beteiligenden Bundesressorts mit den Ländern gegeben werden. In einem eigens dafür eingerichteten Bund-Länder-Steuerungsgremium werden diese Konzepte erörtert, bewertet und danach den formal zuständigen Gremien der Innenministerkonferenz, hier dem Arbeitskreis V und zuvor seinem nachgeordneten Fachausschuss (AFKzV) zugeleitet. Anders als bei der militärischen Verteidigung müssen zahlreiche Maßnahmen der zivilen Verteidigung mit und in den Ländern, bzw. mit und in den Landkreisen und Kommunen umgesetzt, auf- und ausgebaut werden.

Die Strukturen der zivilen Verteidigung auf der Länder- und der kommunalen Ebene, wie sie in den Zeiten des Kalten Krieges zumindest grundlegend bestanden, wurden nach dessen Ende aufgelöst, Ressourcen und Wissen verschwanden ebenso wie sichtbare Grundstrukturen und Organisationselemente. Die Vorgaben des Bundes in der ZV müssen unter anderem im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung in und durch die Länder umgesetzt werden, was die Einbindung der Länder in diesen Prozess unerlässlich macht. Eines der größten Probleme bei der derzeitigen Umsetzung der KZV besteht in enormen Personaldefiziten in der öffentlichen Verwaltung für diese Aufgaben auf allen Ebenen. Gleiches gilt für das nicht (mehr) vorhandene, teils sehr spezialisierte (Verwaltungs-)Wissen. So wird verständlich, warum allein aus diesen Gründen die Umsetzung sehr schwierig ist.

Die Bundesverwaltung hat in den letzten Jahren ein Rahmenkonzept für die Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen speziell für einen Notbetrieb im Verteidigungsfall und die Ausweichsitzplanung erarbeitet. Es ist auf Bundesebene verbindlich für die Ressorts beschlossen und den Ländern zur Umsetzung gegeben worden. Doch dieses Konzept ist bei den Kommunen, die vor allem auch in der Krise funktionieren müssen, bis heute nicht angekommen. Dies ist auch bei wichtigen Elementen, wie bei der Zivilen Alarmplanung, der Fall.

Haushaltsmittel zur Härtung der baulichen wie der IT-Strukturen sowie vielfältige weiterer Maßnahmen müssen gefordert, bereitgestellt und in die Anwendung gebracht werden.

Im Zivilschutz wurden zwar Konzepte zur Bewältigung eines Massenanfalls von Verletzten, Erkrankten und Verwundeten sowie zur Betreuung von Evakuierten oder Geflüchteten erarbeitet, ebenso eine standardisierte Alarmplanung für Krankenhäuser. Doch diese Konzepte befinden sich noch im Bund-Länder-Abstimmungsmodus, in den zum großen Teil auch unsere Hilfsorganisationen.

Doch wie sieht es im Zivilschutz mit den besonders herausfordernden Aufgabenfeldern des CBRN-Schutzes, also des Schutzes vor chemischen, biologischen, radioaktiven und nuklearen Gefahren aus? Im Alltagsgeschäft sind unsere Feuerwehren gut aufgestellt. Jedoch sind chemische und biologische Gefahrenlagen eine ganz andere Größenordnung. In einem echten Verteidigungsfall wären die mit Bundesmitteln bereitgestellten Task Forces im Bereich B und C dann doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Hier braucht der Bund dringend mehr an Kapazitäten, die dann in den Ländern disloziert zum Einsatz kommen können.

Auch bei der dritten Säule, der Sicherstellung von lebens- und verteidigungswichtigen Versorgungsleistungen stehen wir vor großen Herausforderungen. Diese berühren auch das Thema Unterstützung der Streitkräfte deutlich. Während wir in früheren Jahren staatliche oder zumindest überwiegend öffentliche Anbieter von Transportleistungen oder Leistungen in der Energieversorgung hatten, befindet sich der gesamte Markt verteidigungsrelevanter Dienstleistungen heute in privater oder teilprivatisierter Hand.

Die Deutsche Bahn AG ist auf nationale Krisenlagen nur sehr begrenzt und auf einen Verteidigungsfall gar nicht vorbereitet. Es fehlen Loks, Spezial-Waggons und vor allem Ausweichstrecken für Militärtransporte. Und: es fehlt ein zentrales Konzept mit zentralen Ansprechpartnern und entsprechender Koordinierungsfunktion in dieser Holding mit ihren mannigfachen und wenig aufeinander abgestimmten Töchtern.

Kritische Infrastrukturen insgesamt verfügen kaum oder nur sehr begrenzt über ein eigenes wirkungsvolles Risiko- und Krisenmanagement, auch wenn Behörden wie das BBK hier seit Jahren an entsprechenden Konzepten wie einer Notstromversorgung arbeiten, diese in die Fläche bringen und Unternehmen auch in die regelmäßige nationale Stabsrahmenübung LÜKEX einbinden. Trotzdem ist die Mehrheit nicht auf einen Cyberangriff mit großflächigem und lange anhaltendem Stromausfall vorbereitet und durchhaltefähig. Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS), die früher durch z.B. eigene Treibstoffversorgung weitgehend autark waren, wären in solchen Krisen ebenfalls davon abhängig, dass es eine wirkungsvolle Versorgung mit Treibstoff für die Fahrzeuge und für die Notstromaggregate gibt.

Gerade auf dem Gebiet der Kritischen Infrastrukturen sehen wir, wie verletzlich Deutschland geworden ist. Wir haben uns von der sicheren Verfügbarkeit von elektrischem Strom und von IT-Leistungen in allen Lebensbereichen technisch abhängig gemacht. Die ansonsten sehr nützliche Digitalisierung durchdringt alle Arbeitsbereiche. Privatisierung, ökonomisch bedingte Auslagerungen von wichtigen Dienstleistungen, Zentralisierung von Steuerungsprozessen in nahezu allen Versorgungsinfrastrukturen, die für Effizienz stehen sollen, bekommen plötzlich ein anderes Gesicht. Diese Janusköpfigkeit wird zum zentralen Angriffspunkt im Rahmen hybrider Bedrohungen bzw. ist es bereits geworden.

Angriffsmuster aus Krisenregionen zeigen im Rahmen hybrider Kriegsführung auch genau die Zielrichtung auf diese Kritischen Infrastrukturen, die wie bereits erwähnt, heute in Deutschland überwiegend in privater Hand sind. Bereits heute schon sind alle diese Sektoren auch in Deutschland täglich mehreren Tausend Angriffen im Cyber-Space ausgesetzt, wie den Berichten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) regelmäßig zu entnehmen ist; zugegebenermaßen überwiegend kriminell bedingt, doch Spionage und das Austesten von Grenzen durch staatlich gesteuerte Stellen, was im Fall eines Falles gehen kann oder könnte, nehmen zu

Ebenfalls dramatisch sieht es mit Blick auf eine Verteidigungsbereitschaft und die Unterstützungsleistungen der Streitkräfte im Gesundheitswesen aus. Die weit fortgeschrittene Ökonomisierung des Gesundheitswesens hat dazu geführt, dass Krankenhäuser, Betten und medizinisches Personal massiv reduziert wurden. Vorhaltungen für den Katastrophenfall werden nicht finanziert und damit nicht getroffen und für den Verteidigungsfall schon gar nicht (mehr). Hilfskrankenhäuser, Schwesternhelferinnen- bzw. Pflegehelferprogramme wurden eingestellt und Sanitätspersonal in den Hilfsorganisationen ist heute vielfach mehrfach im Rahmen friedenszeitlicher Dienste verplant und stünde für die Unterstützung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr nur begrenzt zur Verfügung. Deutschland ist eine zentrale Logistikdrehscheibe in der NATO, ein Transitland für die verbündeten Streitkräfte, die auf die Unterstützung der zivilen Seite ebenso vital angewiesen sind wie die Bundeswehr, wenn sie ihrem Auftrag gerecht werden wollen. Doch wo sollen Tausende verwundete Soldatinnen und Soldaten, die aus potentiellen Kampfgebieten an den Bündnisgrenzen nach und durch Deutschland transportiert werden zur medizinischen Versorgung hin? Die Kapazitäten des derzeitigen Systems sind auf solche Lagen nicht eingerichtet. Ein Gesundheitsvorsorge- und Sicherstellungsgesetz, seit Jahrzehnten von Fachleuten gefordert, fehlt bis heute. Was geschieht, wenn zivile Krankenhäuser verwundete Soldaten aufnehmen und dafür Stationen mit Zivilisten räumen sollten?

Zusammenfassend kann man daher sagen: Es sind noch viele Antworten auf die drängenden Fragen zu geben.

Flankierend dazu wünschte ich mir ein politisches Bekenntnis der gesamten Bundesregierung, wie es 1972 schon einmal abgegeben wurde: „Die Bundesregierung unterstreicht …die politische Bedeutung der zivilen Verteidigung. Sie wird bestrebt sein, diese Bedeutung der Öffentlichkeit zu verdeutlichen und die finanziellen Mittel für die zivile Verteidigung…entsprechend ihrer Bedeutung zu verstärken und dabei insbesondere ein angemessenes Verhältnis zu den Aufwendungen für die militärische Verteidigung herzustellen.“ (Weißbuch zur zivilen Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland, 1972)

Autor und Bild: Christoph Unger, Präsident Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Skizze zur logistischen Drehscheibe Deutschland

Unterstützung der Drehscheibe DEU durch Kräfte des LogKdoBw

Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und der Ausbruch des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine war im Jahr 2014 eine Zäsur in der Sicherheitspolitik. Als Reaktion auf die damit einhergehende veränderte Bedrohungslage hat die NATO ihr Verständnis zum Einsatz von Streitkräften grundlegend angepasst. Eine fast ausschließliche Konzentration auf Operationen im Rahmen des Internationalen Krisenmanagements (IKM) konnte unter den veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Auftrag und die Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) wurde deutlich stärker akzentuiert und auch für die Bundeswehr wieder strukturbestimmend. Die deutschen Streitkräfte werden seither befähigt, schnell und kampfkräftig im gesamten Bündnisgebiet in einem 360° Ansatz zum Einsatz kommen zu können. Neben den Phasen der Bereitstellung von eigenen Kräften und der Gewährleistung der Erst- und Folgeversorgung kommt damit der Phase der Strategischen Verlegung aus Deutschland in ein mögliches Einsatzland an der Peripherie des Bündnisgebietes eine besondere Bedeutung zu.

Aufgrund der zentralen geografischen Lage Deutschlands im Bündnisgebiet ist Deutschland zudem Aufmarschgebiet, rückwärtiges Operationsgebiet und „Drehscheibe“ von NATO Operationen. Neben dem Aufmarsch eigener Kräfte werden insbesondere NATO-Partner das Territorium der Bundesrepublik im Rahmen ihres Transits in ihre Einsatzländer und -räume nutzen.

Skizze zur logistischen Drehscheibe Deutschland
Abbildung 1 – Prinzipdarstellung „Drehscheibe Deutschland“,  © LogKdoBw / eigene Darstellung

Von der Bundesrepublik Deutschland werden daher umfangreiche Leistungen im Rahmen von Host Nation Support (HNS) gefordert. HNS umfasst dabei alle militärischen und zivilen Leistungen zur Unterstützung ausländischer Streitkräfte in Deutschland, welche die Entsendenationen selbst nicht sicherstellen können. HNS ist dabei als gesamtstaatliche und somit als ressortübergreifende Aufgabe zu verstehen.

In der Bundeswehr ist das Kommando Streitkräftebasis (KdoSKB) als federführendes Kommando mit dem nationalen Territorialen Befehlshaber (NatTerrBefh) an der Spitze für die Bereitstellung und Koordination von militärischen HNS-Leistungen der Bundeswehr auf der operativen Ebene verantwortlich. Das KdoSKB trägt zudem in seiner Rolle als Aufmarschführendes Kommando (AufmFüKdo) die Verantwortung für die Strategische Verlegung des gesamten deutschen Kräftedispositivs. Auf der taktischen Ebene werden diese Aufgaben auf Weisung NatTerrBefh und AufmFüKdo durch das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr (KdoTerrAufgBw) in Operationspläne umgesetzt.

Die militärischen HNS-Leistungen können beispielsweise Elemente der Gesundheitsversorgung, der Gewährleistung von Schutz und Sicherheit (Bewachung, Schutz vor ABC-Bedrohung, etc.), der Führungsunterstützung oder der Informationsversorgung (z.B. Bereitstellung von Informationen des Geoinfodienstes [Wetter, Kartenmaterial, etc.]) sowie logistische Unterstützungsleistungen beinhalten.

Im Rahmen der Gewährleistung von logistischen Unterstützungsleistungen kommen dem Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw) umfassende Aufgaben zu. Das LogKdoBw, mit seinem nachgeordneten Bereich, übernimmt auf Weisung NatTerrBeh und AufmFüKdo sowie auf Basis eines Operationsplans KdoTerrAufgBw Aufgaben innerhalb der Planung (wahrgenommen durch den Stab LogKdoBw), der taktischen Durchführung und als logistischer Bedarfsdecker (wahrgenommen durch das Logistikzentrum der Bundeswehr [LogZBw]) sowie – aber nur im Rahmen freier Kapazitäten – als Truppensteller (im Schwerpunkt wahrgenommen durch die mobilen Logistiktruppen der SKB [mobLogTr SKB]).

Logistische Unterstützungsleistungen im Rahmen von HNS umfassen dabei unter anderem die Transport-/Marschkoordinierung durch das National Movement Coordination Center (NMCC) des LogZBw, Leistungen beim intermodalen Transport, beim Umschlag von Material sowie bei der Abfertigung, Zusammenführung, Unterbringung und Versorgung von Personal und Material. Besonders bei längeren Straßenmärschen von Kräftedispositiven werden neben der Möglichkeit zur Durchführung von Technischen Halten, in regelmäßigen Abständen auch Rasträume oder sogenannte Convoy Support Center [CSC] zur Unterstützung Alliierter bereitgestellt.

Als Grundlage für eine erfolgreiche Operationsführung und auch für eine zielgerichtete logistische Unterstützung im Rahmen von HNS bedarf es auch immer einer abgestimmten Planung aller Bewegungen deutscher und alliierter Kräfte in Deutschland. Um dies zu ermöglichen erarbeitet der Stab LogKdoBw für den Aufmarsch deutscher Truppenteile den National Detailed Deployment Plan (NDDP). Mit diesem Plan wird zunächst die nationale Aufmarschplanung koordiniert, um diese anschließend in die multinationale Gesamtplanung auf Ebene der NATO im Allied Movement and Coordination Centre (AMCC) einbringen zu können.

Mit dem NDDP wird die nationale Verlegeplanung umgesetzt. Für deutsche Kräfte wird festgelegt, welches Personal und Material sich wann, wohin und womit bewegen soll, um in die Einsatzgebiete gemäß NATO-Vorgabe verlegt werden zu können. Der NDDP fließt in den Multinational Detailed Deployment Plan (MNDDP) auf Ebene AMCC ein. Der MNDDP bildet dann nach erfolgter multinationaler Harmonisierung den Abholpunkt für das LogZBw, eine abgestimmte Transport- und Marschplanung zu erstellen. Im Anschluss an diese Planung erfolgt die Durchführung mit Hilfe von militärischen Kräften und zivilen Dienstleistern.

Auf Basis dieser Gesamtmarschplanung werden für die „Drehscheibe“ Deutschland auch die notwendigen logistischen Unterstützungspakete ausgeplant. Entlang der Marschstraßen werden in den CSCs oder in Technischen Halten eine Vielzahl von Leistungen zur Verfügung gestellt, die die Kampfkraft der marschierenden Kräftedispositive während eines Landmarsches aufrechterhalten. Diese Leistungen umfassen Schlafmöglichkeiten, Sanitäreinrichtungen, Betreuungsmöglichkeiten sowie die Versorgung der Soldaten mit Verpflegung und Marketenderwaren. Darüber hinaus werden in diesen Räumen grundsätzlich Fähigkeiten zur Bergung und zum Abschub von ausgefallenem Großgerät, zur Unterstützung von kleineren Reparaturmaßnahmen, für erforderlichen Umschlag sowie zur Betankung mit Kraftstoff vorgehalten.

Ein weiterer Beitrag innerhalb der logistischen HNS-Leistungen ist die Unterstützung beim intermodalem Transport. Bei den hierbei zu erbringenden Leistungen handelt es sich um die Vorbereitung, Koordination und Durchführung von Straßen-/Schienen-/Lufttransporten, Binnenschifffahrt sowie von Spezialtransporten bzw. Groß- und Schwerlasttransporten und den damit im Zusammenhang stehenden typischen Nebenleistungen bei der Transportdurchführung (z.B. Transportberatung, Fahrplanwesen, Trassenbestellungen, Bereitstellungen Bedien- und Fachpersonal, sicherheitstechnische Abnahmen, etc.). Und auch logistische Aufgaben im Rahmen des Betriebs von Häfen, Flughäfen und Bahnhöfen können Teil eines logistischen Unterstützungspaketes sein. Hierbei werden beispielsweise Kapazitäten und/oder Fähigkeiten zur Sicherstellung des Umschlags, zur Abfertigung oder Zusammenführung von Personal und Material zur Verfügung gestellt. Auch dazugehörige Peripherieleistungen und notwendige administrative Arbeiten sind grundsätzlich mit inbegriffen. Dazu zählen z.B. das Erstellen notwendiger Ladepapiere und Dokumente, das Abwickeln von Zollformalitäten oder das Erwirken von Genehmigungen und Überprüfungen.

Sämtliche aufgeführten logistischen HNS-Leistungen können durch das LogZBw und insbesondere durch die mobLogTr SKB nur im Rahmen von freien Kapazitäten geleistet werden. Die mobLogTr SKB stehen aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten und prinzipiellen Bindung für Einsätze und Einsatzgleiche Verpflichtungen sowie als Kräfte der „ersten Stunde“ innerhalb von LV/BV Operationen grundsätzlich nicht zur Verfügung. Damit besteht zurzeit eine Kapazitätslücke, die mit anderen Instrumenten geschlossen werden muss. Die logistischen Unterstützungsleistungen sollen daher künftig durch einen zivilen Vertragspartner erbracht werden. Das LogKdoBw arbeitet zusammen mit dem Bundesministerium der Verteidigung, dem Planungsamt der Bundeswehr und Bedarfsdeckern mit Hochdruck an einer zivilen Provider Lösung, um bereits für die VJTF 2023 diese Möglichkeit zur Bedarfsdeckung verfügbar zu haben.

Abbildung 2 – Entladung eines GTK BOXER, © Bundeswehr / R. Alpers

 

Welche Aufgaben und welcher Umfang an logistischen Unterstützungsleistungen von Deutschland erwartet werden, kann derzeit in der Großübung DEFENDER-Europe 20 beobachtet werden. Für DEFENDER-Europe 20 steht ein ziviler Providervertrag noch nicht zur Verfügung, so dass Kräfte der mobLogTr SKB – trotz bestehender einsatzgleicher Verpflichtungen – derzeit umfangreiche Unterstützungsleistungen für die Verlegung und den Transit multinationaler Streitkräfte leisten.

DEFENDER-Europe 20 hat dabei eine lange nicht mehr bekannte Dimension. Im Rahmen von DEFENDER-Europe 20 wird beispielsweise erstmals seit mehr als 20 Jahren eine verstärkte US Division mit insgesamt bis zu 20.000 Soldatinnen und Soldaten, aus den USA nach Europa verlegt. Eine vergleichbare Verlegung wurde in den vergangenen Jahren maximal in der Größenordnung bis zu einer Brigade geübt, was etwa einem Fünftel des jetzigen Kräftedispositivs entspricht.

Im Rahmen von DEFENDER-Europe 20 richten die mobLogTr SKB daher zur Unterstützung von Konvois insgesamt zwei CSCs in Burg und auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz sowie eine Life Support Area (LSA) – vergleichbar mit einem Feldlager – in Garlstedt ein. In den CSCs in Burg und der Oberlausitz können Fahrzeugkolonnen mit jeweils bis zu 450 Soldatinnen und Soldaten im Rahmen ihrer Verlegung unterstützt und gleichzeitig versorgt werden. Die LSA in Garlstedt bietet Kapazitäten, um bis zu 1.800 Soldatinnen und Soldaten temporär aufzunehmen und zu versorgen. Die Versorgung mit Betriebsstoff wird zudem für einen Zeitraum von ca. dreieinhalb Monaten aus einem militärischen Tanklager vom Truppenübungsplatz Bergen heraus sichergestellt, welches eine Kapazität von ca. 1.200.000 Liter hat. Das Feldtanklager sowie die LSA werden hierbei durch Spezialpioniere der mobLogTr SKB aufgebaut und betrieben.

Abbildung 3 – militärisches Tanklager, © Bundeswehr

Die mobLogTr SKB werden des Weiteren im Rahmen der Unterstützung mit Schwerlasttransportraum sowie zum intermodularen Transport von Containern eingesetzt. Dazu wird beispielsweise auf einer 380 km langen Strecke zwischen zwei Container Umschlagpunkten in Augustdorf und in Fläming/Lehnin eine Transportkapazität von 40 Containern pro Tag an 6 Tagen die Woche zur Verfügung gestellt.

Diese in Auszügen dargestellten logistischen Leistungsdaten zur Unterstützung der Großübung DEFENDER-Europe 20 unterstreichen nachdrücklich das Leistungsspektrum und den Umfang des logistischen Anteils der „Drehscheibe“ Deutschland. Das LogKdoBw trägt damit wesentlich dazu bei, die benötigten Leistungen im Rahmen von HNS zeitgerecht und in der geforderten Menge und Qualität zu erbringen.

Die Bereitstellung von Leistungen im Rahmen von Host Nation Support ist, wie bereits betont, ein wesentlicher Beitrag der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen seiner Bündnisverpflichtungen. Die Erfüllung der HNS-Verpflichtung kann jedoch nur durch einen gesamtstaatlichen Ansatz gelingen und ist somit als ressortübergreifende Leistungserbringung in all ihrer Vielfalt zu verstehen. Beim Transit von alliierten Kräften durch Deutschland im Rahmen von Einsätzen, Einsatzgleichen Verpflichtungen und bei Übungen kommt dabei dem Unterstützungsbereich Logistik und damit auch Teilen des Logistischen Systems der Bundeswehr (LogSysBw) im Rahmen der „Drehscheibe Deutschland“ eine wesentliche Rolle zu. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass die militärischen Kapazitäten der Bundeswehr nicht ausreichend sind, um diese Unterstützungsleistungen in Deutschland künftig im erwarteten Umfang gewährleisten zu können. Es bedarf daher weiterer Instrumente wie z.B. der gesicherten und verlässlichen Einbindung von zivil-gewerblichen Partnern der Wirtschaft. Nur so können die Herausforderungen der Zukunft gelöst und gleichzeitig die Streitkräfte bei begrenzten Ressourcen aufgaben- und auftragsgerecht eingesetzt werden.

Diesem Ziel fühlt sich das LogKdoBw verpflichtet und unternimmt alle Anstrengungen, um die logistische Unterstützung für die Einsätze der Bundeswehr und für unsere Verbündeten verlässlich zu gewährleisten.

 

Autoren und Abbildungen: Autorenteam LogKdoBw

Bundeswehr – Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung der Attraktivität – zwei Seiten einer Medaille

Thomas Sohst, Vorsitzender Landesverband West im Deutschen BundeswehrVerband

BwEinsBerStG – BesStMG. Die Abkürzungen stehen für zwei große Gesetzesvorhaben, die in diesem Jahr vom Bundestag verabschiedet wurden und mit denen die Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr erhöht und die Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gestärkt werden soll. Diesen Auftrag hatten sich die Regierungsparteien Anfang 2018 in das Lastenheft, den Koalitionsvertrag geschrieben.

Die Abkürzungen stehen für das Bundeswehr–Einsatzbereitschafts–Stärkungsgesetz und das Besoldungs–Strukturen–Modernisierungsgesetz.

Warum zwei Gesetze? Die komplexe Zuständigkeitsverteilung der Ministerien machte dies notwendig. Das BwEinsBerStG wurde in Verantwortung des BMVg erstellt und umfasst die Weiterentwicklung von Gesetzen, die in dessen Verantwortung stehen. Dazu gehören das Soldatengesetz, das Wehrpflichtgesetz, die Soldatenarbeitszeitversorgung u.a.m. Der Gesetzentwurf hatte einen Umfang von 166 Seiten. Das Gesetz änderte mehr als 30 Vorschriften.

Das BesStMG wurde durch das BMI erstellt und beinhaltet die in dessen Kompetenzbereich fallenden Normen. So enthält es gesetzliche Regelungen, die neben den Soldatinnen und Soldaten für den gesamten öffentlichen Dienst des Bundes, also auch für Beamte und Polizeibeamte Wirkung entfaltet. Es hat einen Umfang von 188 Seiten und ändert insgesamt 15 Gesetze.

Die Darstellung der blanken Zahlen verdeutlicht, dass es sich bei beiden Gesetzesvorhaben um echte Dickschiffe handelt, die den Ministerien bei der Erstellung der Referentenentwürfe, in der parlamentarischen Beratung den Abgeordneten und in der Begleitung der Prozesse den Gewerkschaften und Interessenvertretungen vieles abverlangt haben.

Dabei ging es für den DBwV darum, die Beschlüsse der 20.Hauptversammlung, auf der zuletzt der verbandspolitische Fahrplan des Verbandes zur Weiterentwicklung des Dienstrechts festgelegt wurde, umzusetzen.

Dafür mussten frühzeitig verbandspolitische Konzepte eingebracht werden, um aus guten noch bessere Entwürfe entstehen zu lassen. Teilweise ging es aber auch darum, Änderungen abzuwehren, die einen klaren Rückschritt für die Menschen in der Bundeswehr bedeutet hätten. Weitertreiben von Gutem und Verhindern von Negativen: Beides gehört aus Sicht des DBwV zur konstruktiven Arbeit einer Interessenvertretung.

Aus Sicht des DBwV ragen folgende Änderungen der Gesetzeslandschaft heraus.

Anhebung der Bezüge für Freiwillig Wehrdienstleistende

Mit der Änderung des Wehrsoldgesetzes und des Unterhaltssicherungsgesetzes wird der monatliche Wehrsold der Freiwillig Wehrdienstleistenden an das Maß der Grundbesoldung, also vergleichbar zu SaZ und BS angehoben.

Schaffung einer neuen Form des Wehrdienstes für Reservisten

Bis zu 10 Monate im Jahr können Reservisten Dienst in den Streitkräften leisten, um die personelle Einsatzbereitschaft für die vertretungsweise Wahrnehmung von Tätigkeiten von Soldaten, die länger absehbar von ihrem Dienstposten abwesend sind.

Einführung eines Ausnahmetatbestandszuschlag (ATZ)

Vielen Soldaten waren die Begriffe „großer Anrechnungsfall“, „kleiner Anrechnungsfall“, „Dienst zu ungünstigen Zeiten“ Zeichen einer bürokratischen Armee. Deshalb ist die Zusammenfassung zu einem einheitlichen, pauschalisierten Tagessatz, dem ATZ zu begrüßen. Er ermöglicht eine Vergütung für Tätigkeiten, die in der Ausnahme zur gesetzlichen Arbeitszeit, also zum Beispiel bei Ausbildungsvorhaben zur Einsatzvorbereitung, durchgeführt werden. Eine Vergütung greift, wenn Freizeitausgleich für diese Tätigkeiten ausnahmsweise nicht möglich ist. Der ATZ steht daher für Verwaltungsvereinfachung, weil unterschiedliche Zulagen zu einem Tagessatz zusammengefasst werden. Er steht für Transparenz, weil es nur noch einen einheitlichen Tagessatz für alle gibt: Pro Ausbildungstag kann zukünftig 91 Euro brutto ausgezahlt werden Ergänzend sei erwähnt, dass evaluiert werden muss, ob dieser Tagessatz Verlierer produziert, also Personengruppen existieren, die durch die Änderung eine Schlechterstellung erfahren. In diesem Fall ist in jedem Fall eine sehr zeitnahe Anpassung erforderlich. Der DBwV wird diesen Punkt sehr genau im Blick haben.

Anpassung des Auslandsverwendungszuschlag (AVZ)

Nach neun Jahren ohne Anpassung erfolgte eine Anpassung auf 141 Euro in der Stufe 6. Das ist gut und angemessen, selbst wenn sich Interessenvertretungen hier wie bei anderen finanziellen Verbesserungen auch mehr hätten vorstellen können. Leider ist es auch dieses Mal nicht gelungen, die Zuschläge in die Dynamisierung, die jeder Besoldungsanpassung folgt, zu bringen. Die Folge: Die bedauerliche, jährliche Entwertung des AVZ – im Vergleich zur Grundbesoldung – hält an.

Erfreulich dagegen ist: Der AVZ wird zukünftig auch für Vor– und Nachkommandos oder kurzzeitige Aufenthalte (ab dem 15. Tag rückwirkend ab dem ersten Tag) gezahlt.

Überfällig war die Aufnahme der Soldaten des KSK, die auch in Missionen ohne Beschluss des Bundestages im Einsatz sind. Sie können zukünftig pro Tag den AVZ der Stufe 6 erhalten.

Gewährung der Einsatzversorgung auch bei einsatzgleichen Verpflichtungen

Die Anzahl sog. einsatzgleicher Verpflichtungen für die Bundeswehr nimmt zu. Am Bekanntesten ist der Einsatz an der Ostgrenze der Nato im Baltikum. Diese Einsätze sind nicht vom Bundestag mandatiert. Zuletzt konnte aber bereits die Gewährung des AVZ (eigentlich auf mandatierte Einsätze beschränkt) auf diese einsatzgleichen Verpflichtungen erweitert werden. Auch die Einsatzversorgung galt bisher nur für mandatierte Einsätze. Jetzt sind auch die einsatzgleichen Verpflichtungen in die Einsatzversorgung einbezogen. Dies gilt auch für Beamte und Arbeitnehmer.

Möglichkeit für Fachunteroffizier ohne Portepee Berufssoldat zu werden

Es wird die Möglichkeit geschaffen, qualifiziertes Personal auch in der Uffz–Laufbahn an die Streitkräfte zu binden. Diese Möglichkeit wurde für die Mannschaften bewusst nicht geschaffen.

Änderung der Arbeitszeitregelungen.

Neben leichten positiv zu bewertenden Anpassungen konnte verhindert werden, dass die gerade von einigen Jahren eingeführte, gesetzlich geregelte Arbeitszeit nach Zeit und Umfang wieder zurückgeschraubt wird. Das bedeutet, dass geregelte Arbeitszeit im Grundbetrieb als Zeichen der Attraktivität auch für die Vereinbarkeit von Familie und Dienst beibehalten wird und damit auch der Gesundheitsschutz bei hoher zeitlicher Belastung angemessen sichergestellt bleibt.

Schaffung einer Zulage für militärische Führungsverantwortung

Die sogenannte Führungszulage wird dienstpostenbezogen gezahlt und ersetzt die Außendienstzulage. Das verwaltungsintensive und fehlerträchtige Nachhalten der dafür erforderlichen 87 Stunden monatlichen Außendienstes soll entfallen. Die Zulage ermöglicht also eine Verwaltungserleichterung. In diesem Zusammenhang wurde auch die Kompaniefeldwebelzulage auf 135 Euro angepasst, eine Erhöhung, die der besonderen Aufgabe der Spieße Rechnung trägt.

Neue und erhöhte Stellen und Erschwerniszulagen

Eine Vielzahl von Zulagen konnten so gestaltet werden, dass besondere Belastungen honoriert werden und damit auch zur Attraktivität bestimmter Verwendungen beigetragen wird. Luftbildauswerter, Seefahrer, IT– und Cyber–Personal, Flieger, Prüfer, Feldjäger und Spezialkräfte, viele profitieren in bestimmten Funktionen von den neuen Regelungen.

Dem DBwV ist es durch viel Überzeugungsarbeit in allen Phasen der Gesetzgebung – vom Referentenentwurf über Stellungnahme im Rahmen von Beteiligungsgesprächen – bis hin zur Teilnahme an Anhörungen in den zuständigen Ausschüssen des Bundestages gelungen, aus guten Gesetzen sehr gute Gesetze für die Menschen der Bundeswehr zu machen. Der Dank gehört vor allem denjenigen, die zugehört haben, konstruktiv mit dem DBwV gerungen haben, offen für unsere Positionen waren und mit uns gemeinsam gute Ergebnisse erzielt haben. Absicht des DBwV war es, die Gesetze so ins Ziel zu bringen, dass die vom Gesetzgeber gewollte Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die sozialen Belange der Menschen in der Bundeswehr – also insbesondere des Bestandspersonal – im wechselseitigen Ausgleich zueinander stehen, denn: Für den DBwV ist und bleibt eine attraktive Grundbesoldung neben umfassender Ausrüstung (im Großen wie im Kleinen / im Einsatz wie im Grundbetrieb), moderne Infrastruktur für Unterbringung und Ausbildung der beste Garant für eine attraktive Bundeswehr.

Nun ist der Dienstherr, also die Bundeswehr gefragt. Es gilt, die Vielzahl an gesetzlichen Maßnahmen in die Regelungswelt der Bundeswehr zu übertragen. Vor allem dieser Schritt wird davon abhängen, ob die Menschen in der Bundeswehr die Änderungen auch tatsächlich als Erfolg erleben. Augenmaß beim Erstellen von neuen Vorschriften, Bestimmtheit bei der Umsetzung und ein Blick auf die Menschen sind Maßgaben, an denen jedenfalls der DBwV diesen Schritt messen wird. In diesem Sinne wird der DBwV auch diesen Prozess über die Beteiligungsgremien in HPR und GVPA begleiten.

 

Quelle:

Autor und Bild: Thomas Sohst, Vorsitzender Landesverband West im Deutschen BundeswehrVerband

Neujahrsstammtisch 2020 der Kameradschaft ULM/DORNSTADT

Am Mittwoch, den 15.01.2020, trafen sich 11 Mitglieder der Kameradschaft ULM/DORNSTADT im „blauer Bund e.V.“ zu dem schon traditionellen Neujahrsstammtisch im Gasthaus „Barfüßer“ in Ulm.

Der Vorsitzende, Oberstleutnant a.D. Andreas Lempke konnte in seiner Jahresrückblende 2019 u.a. von der positiven Entwicklung der Mitgliederzahl berichten. Neuzugänge wie die Schweizer Firma DEMTECH AG, und mehrere junge, aktive Offiziere beleben die Kameradschaftsstruktur. Besondres begrüßt wurden die anwesenden Neuzugänge Oberstleutnant Daniel Ridderbusch (seit 01.10.2019 Angehöriger der Standing Joint Logistics Support Group (SJLSG) in Ulm) sowie Stabsfeldwebel Andreas Bossert von der EinsKp MNKdoOpFü in Ulm.
Das Jahr 2020 stellt besondere Herausforderungen an die Kameradschaft Ulm/Dornstadt. Nach Auflösung der Kameradschaften Alb-Donau (Sigmaringen) und Ostbayern (Regensburg) werden deren Mitglieder von der Kameradschaft Ulm/Dornstadt mitbetreut. Hierdurch ergibt sich regional betrachtet ein großer Betreuungsraum in Süddeutschland. Es ist beabsichtigt, am Ende des II. Quartals 2020 außerplanmäßig eine Mitgliederversammlung mit Neuwahl des Vorstandes einzuberufen, um den Vorstand zu erweitern und in seiner Handlungsfähigkeit zu stärken. Oberstleutnant Ridderbusch hat sich dankenswerter Weise bereiterklärt, für ein Spitzenamt zu kandidieren.

Während der Veranstaltung wurden im Namen des Präsidenten 2 Mitglieder aus der Gründungszeit der Kameradschaft für 25 Jahre Mitgliedschaft im „blauen Bund e.V.“ mit silberner Ehrennadel und Urkunde ausgezeichnet: Oberstleutnant d.R. Reinhold Kölle und Stabshauptmann a.D. Wolfgang Proksch (s. Foto).

 

Autor und Foto: Oberstleutnant a.D. Karl-Dieter Karstens, Mitglied im Vorstand der Kameradschaft