Rede der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal möchte ich für die konstruktive und professionelle Zusammenarbeit mit unseren Berichterstattern danken. Ich danke Ihnen, Herr Brandl, als Hauptberichterstatter und gratuliere zum ersten Haushalt, den Sie als Hauptberichterstatter hier heute durchbringen. Und mein Dank schließt natürlich alle anderen Berichterstatter auch mit ein: Herrn Leutert, den ich dort sehe, Herrn Rohde, Herrn Lindner, Herrn Klein und Herrn Hohmann. Vielen Dank für eine wirklich konstruktive und professionelle Zusammenarbeit, und ich spreche diesen Dank vor allem auch für das Verteidigungsministerium und für die gesamte Bundeswehr aus.

Wir haben zusammen viel erreicht. Und wenn man hier den Rednerinnen und Rednern zuhört, dann merkt man auch, wie stark uns inzwischen ein gemeinsamer Geist prägt. Das zeigt sich auch in diesem Haushalt; das ist ein guter Haushalt.

Herr Leutert, ich habe Ihre Rechnung über die vielen Milliarden nicht ganz verstanden, ich fand aber, die Rechnung hörte sich gut an. Die nehmen wir gerne so an; das war eine vernünftige Rechnung.

Wir haben bei diesem Haushalt einen Anstieg um vier Prozent – das ist ein Anstieg zum vierten Mal in Folge –, und alle Vorredner haben ja auch betont, dass wir diesen brauchen. Ich brauche nicht wieder darauf einzugehen, woher wir kommen, wie lange die Durststrecken waren und dass wir wegen der völlig veränderten Sicherheitslage vor vier Jahren – Annexion der Krim; hybrider Krieg in der Ostukraine; der IS, der Irak und Syrien in Flammen gesetzt hat; die Destabilisierung Afrikas – ganz andere Missionen und Aufträge für unsere Bundeswehr haben. Daneben ist der Bedarf gestiegen, deutlich besser und mehr zu investieren, um damit die eingeleiteten Trendwenden mit Leben zu füllen.

Ich danke für das, was in den vergangenen vier Jahren geschafft worden ist. Wir alle wissen aber – und das hörte man auch durch die unterschiedlichen Akzente aus den Reden raus –: Wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir müssen beharrlich weitermachen. Das ist noch richtig harte Arbeit, die vor uns liegt; denn 25 Jahre Kürzen schüttelt man eben nicht in zwei, drei Jahren aus den Kleidern.

Mir ist wichtig, dass wir – und das atmet dieser Haushalt – vor allen Dingen für unsere Soldatinnen und Soldaten verlässlich bleiben. Angeklungen sind die Investitionen, die wir in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben. Es dauert, bis das auf dem Hof steht. Gemeinsam besprochen worden ist auch, wo die Schwerpunkte in dieser Legislatur liegen: persönliche Ausrüstung, Digitalisierung, vor allen Dingen das ganze Cyberthema, der Materialerhalt und die Einrichtung multinationaler Fähigkeiten, die für uns wichtig sind.

Der Haushalt atmet aber auch wieder die Verlässlichkeit im Bündnis. Schutz und Sicherheit im Bündnis kosten Geld, und ich will hier deutlich sagen: Wir stehen ganz klar zum Zwei-Prozent-Ziel in der Nato. Wir haben dieses Zwei-Prozent-Ziel im Jahr 2014 gemeinsam verabredet. Damals hatte Amerika einen Präsidenten mit dem Namen Obama, und wir haben dies als Große Koalition mit damals 27 anderen Ländern gemeinsam auf den Weg gebracht.

Wir sind auf der Strecke. Wir werden im Jahr 2024 1,5 Prozent erreichen. Das ist eine politische Verabredung. Es geht also in die richtige Richtung.

Ich will hier allen nur noch mal vor Augen halten: Dieses Zwei-Prozent-Ziel verfolgen wir alle, 29 Länder. Das heißt, auch die anderen Länder strengen sich an. Da können wir als großes, politisch und wirtschaftlich starkes Land nicht sagen: Die anderen sollen sich anstrengen, aber wir brauchen uns da nicht anzustrengen, wir stehlen uns aus der Verantwortung. Das kann es nicht sein. Deshalb bin ich froh, dass es eine klare Linie ist, bis zum Jahr 2024 die 1,5 Prozent zu erreichen. Und wir stehen weiterhin zum Zwei-Prozent-Ziel – mit absoluter Sicherheit.

Ich möchte ein Zweites aber auch noch mal erwähnen: Es geht nicht nur um die Frage der zwei Prozent. Sie sind ein wichtiges Maß, um vergleichen zu können und damit sich auch alle anstrengen. Nur, ehrlich gesagt: Zwei Prozent Verteidigungsinvestitionen besagen noch lange nicht, was dann bei der Nato ankommt, sondern es stellen sich auch die Fragen: Welche Fähigkeiten werden der Nato zur Verfügung gestellt, und welche Beiträge leistet das jeweilige Land zur Nato? Hier – das will ich sehr deutlich sagen – muss Deutschland sein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Vielmehr können wir unseren Partnern und Verbündeten sehr selbstbewusst deutlich machen, dass wir Verantwortung übernehmen.

Klar sind bei all den Themen, wo wir uns messen, die USA immer an erster Stelle und auch die Stärksten; gar keine Frage. Das hat auch etwas mit der Größe des Landes, dem Volumen, das sie einsetzen können, und einer ganz klaren Vormachtstellung zu tun. Wenn man aber die Frage stellt: „Wer ist der zweitgrößte Truppensteller in der Nato?“, dann ist die Antwort: Deutschland.

Wer ist der zweitgrößte Truppensteller in Afghanistan – das war das einzige Mal, dass wir Artikel 5 des Nato-Vertrages gezogen haben –, und das seit 17 Jahren verlässlich? Deutschland. Wer ist das einzige kontinentaleuropäische Land, das die wichtige Aufgabe der Bündnisverteidigung Enhanced Forward Presence als Rahmennation verantwortlich trägt? Deutschland in Litauen. In Estland sind die Briten, in Lettland sind die Kanadier und in Polen sind die Amerikaner. Deutschland ist die verantwortliche Rahmennation in Litauen. Wer ist der zweitgrößte Nettozahler in der Nato? Deutschland.

Das heißt, Deutschland hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, dass man sich auf uns verlassen kann und dass wir auch aktuell Verantwortung im Bündnis nach unseren Möglichkeiten tragen.

Es ist mir vor allen Dingen wichtig, dass wir bei all den Tweets, die wir lesen, und bei all den Briefen, die geschrieben werden, sagen: Ja, wir stehen zu dem Ziel, das wir im Bündnis gemeinsam verabredet haben. Aber wir müssen unser Licht auch nicht unter den Scheffel stellen. Wir können uns selbstbewusst hinstellen und sagen: Deutschland trägt Verantwortung.

Das lenkt meinen Blick auf ein zweites Thema, das hier angesprochen worden ist. Wir wollen transatlantisch bleiben. Aber wir müssen auch europäischer werden. Bei der Frage nach Eins-zu-eins-Etatsteigerungen darf ich alle Rednerinnen und Redner, die vor mir gesprochen und das angezweifelt haben, auf Folgendes hinweisen: Ausgangspunkt ist der Entwurf des 51. Finanzplans. Es ist nun einmal so, dass das Bundesfinanzministerium traditionell die Kosten der Personalverstärkungsmittel übernimmt.

Nun, Sie können die Soldatinnen und Soldaten nicht dafür bluten lassen, dass wir eine Tariferhöhung haben, die alle Beschäftigten in Deutschland und selbstverständlich auch die Beamtinnen und Beamten bekommen. Das gilt für unsere Soldatinnen und Soldaten gleichermaßen. Also, ich muss schon bitten.

Wenn wir, abgesehen davon, vergleichen, dann gibt es einen Eins-zu-eins-Aufwuchs für Bundesentwicklungsministerium, das Auswärtige Amt und für das Verteidigungsministerium, ausgehend vom 51. Finanzplan, wie er verabschiedet worden ist.

Das ist auch der Grund – Stichwort „vernetzte Sicherheit“ –, warum wir Wert darauf legen, zu sagen: Es ist für uns wichtig, transatlantisch zu bleiben, aber europäischer zu werden. Es ist erfreulicherweise schon gesagt worden: Wir haben die Europäische Verteidigungsunion aus der Taufe gehoben. Wir haben jetzt endlich den Europäischen Verteidigungsfonds auf den Weg gebracht. Zum ersten Mal wird europäisches Geld für Ausrüstung ausgegeben. Wir machen uns auf diesem Feld ehrlich. Wir haben die Planungsprozesse auf den Weg gebracht. Das, was zehn Jahre lang an Möglichkeiten im Lissabon-Vertrag geschlummert hat, wird jetzt mit Leben erfüllt.

Diesen Geist atmet der Haushalt. Wir wollen hier deutlich sagen: Wir arbeiten daran, dass wir ein Europa haben, das schützt.

Im übergeordneten Sinne, bei all den Themen, die heute besprochen worden sind, kann man mit Fug und Recht auch in der Verteidigung sagen: Europa ist dann am stärksten, wenn es gemeinsam handelt. Dieser Haushalt ist ein Beleg dafür.

Quelle:
Autorin: Dr. Ursula von der Leyen
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung