Data Governance Office im Hauptprozessanteil Logistik – Vom Nutzen der Daten

[Anm. d. Red.: DieserArtikel schließt eine dreiteilige Serie zum Thema Datenmanagement ab. Siehe auch Newsletter Januar 2019 und Infoheft 51]

Sie kennen die Situation? Ihre Ehefrau, Ihr Ehemann, Ihre Kinder, Ihre Eltern haben bald Geburtstag. Ihr Finger fährt federartig mit elegantem Schwung über das Display des Smartphones, um den Warenkorb mit den letzten Geschenkartikeln zu füllen. Ein Klick noch und der Einkaufsbummel ist beendet – die freudigen Gesichter Ihrer Liebsten vor Augen sind Sie erleichtert, denn Sie haben dieses Jahr frühzeitig begonnen, die Geschenke zu kaufen. Die Anzeige sagt Ihnen „Vielen Dank für Ihren Einkauf! Ihre Ware wird in voraussichtlich 1-3 Werktagen zugstellt.“ Heute ist die Sendung bereits 4 Tage überfällig. Ihre Leichtigkeit von vor 7 Tagen schwindet. Sie fragen sich, was los ist, wo bleiben die Geschenke, ist meine Adresse richtig hinterlegt? War der Liefertermin korrekt, d.h. sind die Verfügbarkeitsinformationen richtig gewesen?

Die Rückkopplung zu dem Unternehmen, das hinter der Verkaufsplattform steht, wird unvermeidlich. Womöglich kaufen Sie die Geschenke an anderer Stelle und stornieren Ihre Bestellung. Das betroffene Unternehmen muss interne Prüfungen durchführen, das Problem identifizieren, ggf. selbst Artikel Retour setzen oder bleibt auf den Waren im schlechtesten Fall sitzen. Es entstehen für das Unternehmen Kosten, weil Daten nicht korrekt waren. Für Sie entstehen Unannehmlichkeiten, im schlechtesten Fall können Sie Ihr Ziel, Ihre Liebsten zum Geburtstag zu überraschen, nicht erreichen.

Die wenigsten von uns können behaupten, dass wir solche Erfahrungen in der nahen Vergangenheit gemacht haben. Die Online-Shops (E-Commerce) und logistischen Unternehmen sind in Fragen der Datenhaltung meist zuverlässig, die dahinterliegenden IT-Systeme und Organisationen auf solche Herausforderungen im Umfeld Big Data[1] eingestellt. Doch was genau heißt das: Darauf eingestellt sein? Und was bedeutet das mit Blick auf die Logistik der Bundeswehr?

Logistische Prozesse als Bedarfsträger von Daten

Die Bundeswehr stützt sich für die Bewältigung fachlicher Aufgabenstellungen in der Logistik und darüber hinaus auf integrative[2] Prozesse. Als konkrete Bedarfsträger von Daten treten in der Logistik vier Geschäftsprozesse (GP) auf

  • GP Materialbewirtschaftung (MatBew),
  • GP Instandhaltung und Fertigung (IHF),
  • GP Verkehr und Transport (VuT),
  • GP rüstungsbezogene logistische Führung[3] (LogFü).

Der darüber hinaus existierende GP Technisch-Logistisches Management (TLM) hat mit Bezug auf das Datenmanagement in der Logistik eine besondere Rolle. Er beschreibt als Teil seiner Aufgabe die Bereitstellung der für die Nutzung von Produkten im Logistischen System der Bundeswehr (LogSysBw) erforderlichen Daten. Dabei hat er die logistischen Prozesse zu reflektieren, die Anforderungen an die produktbezogenen Daten der nutzenden Prozesse zusammenzuführen, zu konsolidieren und zu harmonisieren – der Blick geht dabei immer von der Rüstung beginnend in das LogSysBw und zurück in die Rüstung. Die Operationalisierung der produktbezogenen Daten erfolgt als Gegenstand der logistischen Prozesse (Was soll bewirtschaftet werden? Was soll instandgehalten werden?) in den Geschäftsobjekten[4] der logistischen GP. Kernelement der Konsolidierung und Harmonisierung von Daten in der Logistik sind die Spezifikationen und Standards der S-Serie der ILS[5]-Spezifikationen (auch ILS-Suite genannt) im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Industrie. Für die Sicherstellung der logistischen Interoperabilität im Bündnisrahmen der NATO bildet die Katalogisierung die Harmonisierungs- und Konsolidierungsbasis. Sie greift für deutsche Hersteller jedoch bereits auf die Vorgaben der S2000M[6] als Teil der ILS-Suite zurück.

Abbildung 1: Logistische Prozesse als Bedarfsträger von Daten

Die Identifizierung der erforderlichen Daten ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Realisierung IT-gestützter Prozesse. Mit Hilfe von Informationsobjekten werden an einzelnen Arbeitsschritten innerhalb des Prozessmodells die dort erforderlichen Informationen[7] hinterlegt. Über das Informationsobjektmapping erfolgt im Rahmen der Realisierung die Identifizierung der Anforderungen an die Daten, die zur Bereitstellung der Informationen erforderlich sind. Die Datenmodellierung ist somit unmittelbarer Bestandteil der Prozessmodellierung[8].

Abbildung 2: Datenmodellierung als Teil der Prozessmodellierung

Die auf diese Weise festgestellten Datenbedarfe und -anforderungen sind regelmäßig Grundlage für die Definition von Qualitätsanforderungen an die Daten. Darüber hinaus bestimmen sie in der Logistik die Forderungsgrundlagen für die Bereitstellung produktbezogener Daten, die im Rahmen der Rüstungsprojekte beauftragt und durch die Industrie an die Bundeswehr geliefert werden müssen. Die hierzu erforderlichen Konsolidierungs- und Harmonisierungsmaßnahmen werden durch den GP TLM sichergestellt.

Mit Hilfe der Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien (SASPF) werden die integrativen Prozesse dort mit IT unterstützt, wo dies effizient und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder die Aufgabenstellung im Gesamtverbund des LogSysBw dies zwingend erfordert. Im integrativen System SASPF arbeiten derzeit über 60.000 Nutzer, mehr als 50 % bewegen sich in logistischen Prozessen – sie nutzen, produzieren und ändern Daten.

Daten stellen somit zugleich „Lebensader“ wie auch Output IT-gestützter logistischer Prozesse dar. Sie müssen Qualität[9] haben, d.h. für ihre Aufgabe im Prozess geeignet sein. Die Qualität von logistischen Daten ist im Kontext mit der starken Abstützung auf IT-gestützte Prozesse eine Voraussetzung, um den logistischen Auftrag erfüllen zu können. Sie ist Enabler für die fortschreitende Digitalisierung in der Bundeswehr. Mit dem Maß der Abstützung auf IT-gestützte Prozesse steigt somit der Nutzen wie auch die Bedeutung der Daten. Nur Daten mit Qualität haben einen Nutzen.

Die Logistik der Bundeswehr stützt sich in hohem Maße auf IT-gestützte Prozesse in SASPF ab. Um den erforderlichen Nutzen der Daten zu erreichen, bedarf es einer Organisation und eines Rahmenwerks, welche die notwendigen Maßnahmen im Datenmanagement anweisen, koordinieren, überwachen und durchsetzen kann. Dabei sind die verschiedenen Player im Prozess- und IT-Management zu berücksichtigen und zu verknüpfen. Diese Aufgabe übernimmt das Data Governance als organisatorisches Kernelement des Datenmanagements.

Data Governance als Kernkomponente im Datenmanagement

Data Governance ist ein Organisationskonzept. Es legt fest, welche Entscheidungen im Umgang mit Daten zu treffen sind und wer sie trifft. Darunter fällt die Definition von Rollen, Verantwortlichkeiten und Rechten im Umgang mit Daten in der Organisation. Data Governance schafft somit Richtlinien und Regeln für den Umgang mit Daten und sichert zugleich deren Einhaltung.

Abbildung 3: Datenmanagementrahmenwerk in der Bundeswehr als Zieldimension der Agenda Nutzung Teilprojekt Datenmanagement

Ziel ist, durch eine angemessene Qualität der Daten den bestmöglichen Nutzen (Prozessqualität) aus dem „Gut“ Daten zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um die störungsfreie Nutzung der IT-gestützten Prozesse. Auch die Entscheidungsfindung in einem auf IT stark abgestützten Unternehmen basiert zu großen Teilen auf Daten. Somit erhöht die Qualität der Daten auch die Qualität der Entscheidungsfindung.

Data Governance ist die Kernkomponente des Datenmanagements. In der Bundeswehr besteht die Data Governance Organisation bereits seit 2012. Eine durchgängige organisatorische Umsetzung sowie die Schaffung der erforderlichen Regelungslandschaft erfolgte jedoch nur im Hauptprozessanteil Logistik (HP(A) Log). Die aktuellen Revisionen im Rahmen der Agenda Nutzung Teilprojekt Datenmanagement haben daher organisatorisch kaum Einfluss auf die Logistik. Die Data Governance Organisation SASPF wird künftig bestehen aus

  • dem Data Governance Office SASPF bei BAAINBw G (Projekt SASPF),
  • den Data Governance Offices der HP(A)/HP,
  • den Datenqualitätsmanagement-Beauftragten (DQM-Beauftragten) in den Organisationsbereichen.

Abbildung 4: Data Governance Organisation gem. Agenda Nutzung TP Datenmanagement

Die Anforderungen an den Aufbau der Data Governance Offices der HP(A)/HP ist identisch und beinhaltet folgende Komponenten/Rollen:

  • Grundlagen
  • Vorgaben/Konzeption,
  • Informationsarchitekt,
  • Technischer Data Steward,
  • Datenqualität und Lage,

 

  • Geschäftsobjektverantwortung
  • Geschäftsobjektverantwortlicher,
  • Data Analyst.

Abbildung 5: Organisation Data Governance Office HP(A) Log gem. Agenda Nutzung TP Datenmanagement

Während im Bereich Grundlagen vor allem die konzeptionelle Ausgestaltung und als neue Elemente künftig die Lage zur Datenqualität sowie die Überwachung des Datenmodells (durch den Informationsarchitekten) wahrgenommen wird, betrachtet der Bereich der Geschäftsobjektverantwortung die konkreten Geschäftsobjekte, in denen die Speicherung und Verarbeitung der Daten erfolgt. Hierbei nimmt der Geschäftsobjektverantwortliche (nach aktueller Regelungslage noch Stammdatenobjektverantwortlicher) mit Unterstützung durch den Data Analyst folgende Kernaufgaben zu seinem Geschäftsobjekt wahr:

  • Überwachung der Datenqualität und Vorgaben zu Datenqualitätsanforderungen,
  • Vorgaben und Dokumentation im Metadatenmanagement,
  • Vorgaben und Dokumentation zu Pflegeprozessen.

Die Arbeit der Data Governance Organisation beschränkte sich in der Vergangenheit stark auf die Stammdaten. Dieser Fokus wird mit der Neuausrichtung im Rahmen der Agenda Nutzung aufgehoben. Nunmehr stehen die Geschäftsobjekte als Datenrepräsentanz aller geschäftsrelevante Daten (umfasst Stammdaten, Bewegungsdaten etc.) im Fokus des Data Governance.

Wirkverbund Datenmanagement Logistik

Zur Operationalisierung des komplexen organisatorischen und inhaltlichen Zusammenspiels aus Prozess- und Datenmanagement sind im HP(A) Log die drei gestaltenden Kernelemente

  • Data Governance,
  • Standards und Spezifikationen[10] sowie
  • Katalogisierung[11]

als Wirkverbund in der Gruppe Datenmanagement Logistik im Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw) zusammengefasst. Sie stellen damit in enger Verzahnung mit dem Prozessmanagement, im Schwerpunkt dem GP TLM, ein System aus kurzfristiger operativer Handlungs- und langfristiger Steuerungsfähigkeit dar.

Abbildung 6: Wirkverbund Gruppe Datenmanagement Logistik im LogKdoBw

Zielbild

Mit der Agenda Nutzung TP Datenmanagement ist das gesamte Datenmanagement SASPF und im Kern die Data Governance Organisation kontinuierlich im Fluss. Die laufenden Veränderungen müssen in das Regelungsmanagement überführt und als Grundlage für die tägliche Arbeit konsolidiert werden. Kern hierbei ist: Organisation und ihre Prozesse müssen umgesetzt und gelebt werden – eine Managementaufgabe.

Laufende und geplante IT-Projekte, bei denen insb. der HP(A) Log seit 2015 als Bedarfsträger auftritt, sollen für

  • die Implementierung eines ganzheitlichen Metadatenmanagements,
  • qualitätssichernde Standardschnittstellen,
  • Datenvalidierung und Konsolidierung nach Geschäftsregeln zur aktiven Steuerung der prozessbezogenen Datenqualität,
  • Workflowgestützte, rollenbezogene, priorisierte Datenpflege,
  • Datenqualitätslage zur kontinuierlichen Überwachung der prozessbezogenen Datenqualität

die erforderliche IT-Unterstützung schaffen.

Als strategische Zielsetzung in der Logistik, einschließlich der Umsetzung aller erforderlichen IT-Maßnahmen im Datenmanagement, steht die nachhaltige Verzahnung mit der Rüstungsindustrie und Beschaffungsprojekten auf Basis der ILS-Suite im Fokus. Standardisierung, (haushälterische) Planbarkeit für Rüstungsverträge und IT-Anpassungen, hoher Automatisierungsgrad im Datenfluss, Ausweitung der Lebenszyklusbetrachtung von Produkten auf ihre Daten und darüber liegende Prozesse sowie eine deutlich verbesserte Verfügbarkeit von Daten sind wesentliche Handlungsmotivation für dieses Zielbild. Nur so kann die erforderliche Datenqualität in einem hochagilen Umfeld von Big Data erreicht werden und die logistischen Prozesse ihre volle Wirkung entfalten.

Exkurs: Einordnung des Data Governance in Standards des IT-Management

Vergleicht man das in diesem Artikel skizzierte Data Governance mit den Empfehlungen der IT-Infrastructure Library (ITIL), die innerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg als Standard des IT-Managements genannt werden[12], so kann man das Data Governance als eine aus der Perspektive der Datenqualität stammende spezielle Ausgestaltung der in den ITIL-Standards genannten Empfehlungen verstehen. Das Data Governance berücksichtigt alle Lebenszyklusphasen von IT, betrachtet Sachverhalte in einer e2e[13]-Sicht und fokussiert sich ebenso wie ITIL auf die Kernelemente Utility[14] und Warranty[15]. Das übergreifende Management von SASPF erfolgt über das Customer Center of Expertise SASPF/SinN[16] (CCoE). Grundlage des CCoE sind neben dem Customer Product Management[17] (CPM) und Vorgehensmodellen der SAP zur Einführung und zum Betrieb von SAP vor allem die Standards nach ITIL. Eine Integration des Data Governance a la HP(A) Log in das IT-Management SASPF bzw. in das IT-Management der Bundeswehr ist somit sichergestellt.

 

Schlusswort

Hiermit endet die Darstellung der drei Aufgabenbereiche der Gruppe Datenmanagement Logistik innerhalb der Abteilung Planung des Logistikkommandos der Bundeswehr.

Ausgehend vom Thema „ILS-Spezifikationen und Standards – Aktuelle Entwicklungen und Chancen für Rüstungsprojekte“ über die „Katalogisierung im Rahmen des AC/135 – eine nationale und internationale Aufgabe“ bildet dieser Artikel mit der Darstellung des „Data Governance Office im Hauptprozessanteil Logistik – Vom Nutzen der Daten“ die Klammer über die Daten im Hauptprozess Logistik und damit dem Auftrag der Gruppe.

Die Erfüllung der drei Aufgabenbereiche erfordert eine hohe spezialisierte Ausbildung der 162 zivilen und militärischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gruppe in den entsprechenden Verfahren. Diese Ausbildung findet üblicherweise parallel zur täglichen Arbeit in monatelanger Einzelausbildung am Arbeitsplatz statt, da die Regenerationsrate eine lehrgangsgebundene Ausbildung nicht begründet.

Autoren: Oberstleutnant Manfred Klaffus und Oberstleutnant Heiko Saß, LogKdo Bw, Abteilung Planung III DatMgmt Log

 

[1] Bezeichnet Datenmengen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (z. B. zu groß, zu komplex, zu schnelllebig, zu schwach strukturiert) nicht mit manuellen und herkömmlichen Methoden der Datenverarbeitung ausgewertet werden können.

[2] Die integrativen Prozesse umfassen die organisationsunabhängige Gesamtheit der fachlichen Abläufe eines Aufgabengebiets, einschließlich der Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zu anderen integrativen Prozessen, vgl. A-520/1 Prozesslandkarte, Rollenkonzept und Implementierung des Prozessmanagements.

[3] Betrifft die Arbeitsvorgänge Logistikprozess überwachen und steuern, Logistische Unterstützung planen und befehlen und Maßnahmenbereich Materialwirtschaft (MatWi) bearbeiten.

[4] Der Begriff Geschäftsobjekt wird im Rahmen der Agenda Nutzung Teilprojekt (TP) Datenmanagement und des IT-Projektes Master Data Governance (MDG) eingeführt und umfasst jedes eindeutig bestimmbare Objekt, welches zur Speicherung oder Verarbeitung geschäftsrelevanter Daten verwendet wird, z. B. Stammdatenobjekte wie Materialstamm, Bewegungsdatenobjekte wie die Umlagerungsbestellung.

[5] Integrated Logistics Support.

[6] ASD/AIA S2000M (International Specification for Material Management) – Die Anwendung der S2000M für den automatisierten Datenaustausch mit Auftragnehmern ist für die Beschaffung bereits seit vielen Jahren angewiesen. Aufgrund des vollautomatischen Datenaustausches wird dieses Verfahren durch die Katalogisierungsstelle der Bundeswehr (KatStBw) für die nationale Katalogisierung immer angestrebt.

[7] Daten sind Symbole und Zeichen (Syntax) und für die maschinelle Verarbeitung erforderlich. Informationen sind in einem konkreten Bedeutungskontext interpretierte und verknüpfte Daten (Aufgabe, Rolle etc.) (Semantik). So kann aus einer Zahlenfolge in Abhängigkeit des Verwendungskontextes eine Kontonummer oder eine Postleitzahl interpretiert werden. Die subjektive Interpretation von Informationen über kognitive Fähigkeiten führt zu Wissen.

[8] Die von der Bundeswehr im Rahmen der Prozessmodellierung angewandte Methode ARIS (Architektur integrierter Informationssysteme) nutzt zur Systematisierung die Prozess- bzw. Steuerungs-, die Daten-, die Funktions-, die Leistungs- und die Organisationssicht auf einen Prozess.

[9] Datenqualität (Erfüllung der Qualitätskriterien) liegt immer vor, wenn die Daten für ihren Verwendungszweck (Prozess) geeignet sind.

[10] Eingehende Beschreibung erfolgte bereits in cpm-Verlag, Ausgabe 1-2019 (S. 43-47) und „blauer Bund e.V.“ – Beitrag vom 7. Januar 2019.

[11] Eingehende Beschreibung erfolgte in cpm-Verlag, Ausgabe 2-2019.

[12] Vgl. IT-Strategie v. 02.12.2015 oder K-3107/2 IT-Service Management Ausrüstung & Nutzung.

[13] End-to-End: bedeutet in der Bundeswehr die Sicherstellung der konsistenten Zusammenarbeit verschiedener Anwendungen und Systeme mit dem Ziel, durchgängige Geschäftsprozesse zu gewährleisten, einschließlich des dazu erforderlichen Änderungsmanagements. Ziel ist, eine Gesamtsicht auf die an einem Prozess beteiligten Systeme aus der Perspektive des Nutzers herzustellen, vgl. A1-945/0-7001.

[14] Brauchbarkeit, Nützlichkeit, Nutzen.

[15] Gewährleistung, Zusicherung, Garantie.

[16] A1-945/0-7001 Customer Center of Expertise Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien/Systeme in Nutzung.

[17] A-1500/3 Customer Product Management.

Vierte Logistik – Challenge Offiziere & Manager 2019

Am 15. / 16. Oktober 2019 führten wir die 4. Logistik Challenge 2019 an der LogSBw durch. Teilnehmer waren drei Teams unseres zurzeit laufenden OL 3 aus der II. Inspektion (1-mal Nsch und 2-mal Trsp). Sie traten gegen zwei Firmen Teams die EAFT – DIRKS Group aus Emden (Vorjahressieger 2018) und die Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) an. Beide Firmen gehören zu den ständigen Begleitern der Challenge in den letzten Jahren. Die EAFT – DIRKS Group ist auch seit Jahren im blauen Bund e.V. Mitglied.

Der blaue Bund e.V., in Kooperation mit der Bundesvereinigung Logistik (BVL) fördert den Austausch zwischen Bundeswehr und Wirtschaft und bietet mit dieser Veranstaltung ein interaktives Forum, das die folgenden Fragen beantworten möchte:

Ist der militärische Führungsprozess auch auf Entscheidungssituationen in Unternehmen anwendbar?

Wie schneiden Offiziere im Vergleich zu Führungskräften aus der Wirtschaft bei einer Managementsimulation ab? 

In diesem Jahr war die Thematik eine Firma über sechs Geschäftsjahre für die Herstellung von „Aufzügen“ zu führen.

Die virtuellen Unternehmen der einzelnen Teams konkurrieren mit anderen fiktiven Unternehmen in einem simulierten Markt. Durch ihre Entscheidungen beeinflussen Sie den Erfolg ihres Unternehmens. Dabei kommt es darauf an, verfügbare Informationen aufzunehmen und zu priorisieren, mit Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung umzugehen, Entschlüsse im Team auch unter Zeitdruck zu fassen und Zielkonflikte erkennen und aufzulösen. Im Vordergrund steht das ganzheitliche vernetzte Denken und Handeln.

Die Simulation ermöglicht es, die Auswirkungen der eigenen bzw. die Entscheidungen sowie den Einfluss der anderen Teams auf den eigenen Unternehmenserfolg direkt zu erleben. Die Möglichkeit in nur 2 Tagen sechs Geschäftsjahre zu simulieren fördert dabei die langfristige Erfolgsorientierung. Zum Abschluss präsentierten alle Teams ihre Strategie im Rahmen einer Investoren-konferenz vor Experten.

Sieger 2019 wurde das Team Nsch aus dem Hörsaal (HS) 21, mit OLt Herms, OLt Wegener, OLt Makagon und OLt Stefer. Letzt genannte drei OLt begrüßen wir recht herzlich auch als Neumitglieder des blauen Bund e.V. und in unserer Kameradschaft NORDWEST.

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

 

Die weiteren Plätze belegten, unser zweites Team OL 3 Trsp aus dem Hörsaal 22,

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

das Team BLG mit zwei Offizieren aus dem HS 22

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

Auch aus dem Team der BLG ist nach der Veranstaltung Herr Müller, Frank unserem Verein und der Kameradschaft beigetreten.

Und es folgte EAFT-DIRKS Groups mit zwei weiteren Offizieren aus dem HS 22.

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

Hier sind wir den Hinweisen der Vorjahre gefolgt, auch einmal mit der Industrie enger zusammen zu arbeiten und mit gemischte Teams zu starten.

Fazit auch im Jahr 2020 wird es eine weitere 5. Challenge geben,

anvisiert ist dafür der Monat Juni. Im Januar 2020 erfolgen dafür die

Einladungen an interessierte Firmen und die Planung in unseren

Ol 3 Jahrgang 2020 an der LogSBw.

Die Durchführung liegt in den bewährten Händen von trainM mit Hptm d.R. Stefan Licht und dem Vorstand der Kameradschaft NORDWEST.

Unser neuer korporativer Partner – Schmitz Cargobull AG

Mit einer Jahresproduktion von rund 63.500 Trailern und etwa 6.500 Mitarbeitern ist die Schmitz Cargobull AG Europas führender Hersteller von Sattelaufliegern, Trailern und Motorwagenaufbauten für temperierte Fracht, General Cargo sowie Schüttgüter.
Im Geschäftsjahr 2018/2019 wurde ein Umsatz von ca. 2,29 Mrd. Euro erzielt. Als Vorreiter der Branche entwickelte das Unternehmen aus dem Münsterland frühzeitig eine umfassende Markenstrategie und setzte konsequent Qualitätsstandards auf allen Ebenen: von der Forschung und Entwicklung über die Produktion und Service Verträgen bis hin zu Trailer-Telematik,
Finanzierung, Ersatzteilversorgung und Gebrauchtfahrzeughandel.

Pressemitteilung – Niederlande erhalten erste Leguan-Brückenleger

Im Rahmen einer feierlichen Übergabe hat Krauss-Maffei Wegmann (KMW) die ersten beiden Leguan-Brückenlegesysteme an das niederländische Beschaffungsamt DMO (Defence Materiel Organisation) übergeben. 2016 hatten sich die Niederlande für einen bilateralen Beschaffungsansatz mit Deutschland entschieden und insgesamt acht CSB (Close Support Bridge) Leguan auf Leopard 2 Fahrgestellen, Zusatzausrüstung und Ausbildungssimulatoren bestellt. 2021 wird das letzte System an die Niederlande geliefert werden.

Quelle: Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG

Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen – Dezember 2019

1. Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen

Im Dezember 2019 werden folgende Personalmaßnahmen wirksam:
Bundesministerium der Verteidigung

Konteradmiral Thomas JUGEL, zuletzt zur Unterstützung der Abteilungsleitung Planung bei der Durchführung eines Sonderprojektes im Bundesministerium der Verteidigung, Berlin, eingesetzt, tritt in den Ruhestand.

2. Personalveränderungen in zivilen Spitzenstellen

Nachmeldungen:
Bundesministerium der Verteidigung

Leitender Direktor des Marinearsenals Dipl.-IngDiplom-Ingenieur. Christoph OTTEN, Leiter des Marinearsenals in Wilhelmshaven, hat am 18. November 2019 die Leitung der Unterabteilung I des Abteilung Ausrüstung im Bundesministerium der Verteidigung in Berlin übernommen.

Defender Europe 20: Die US-amerikanische Großübung in Europa 2020

Transportkolonnen in der Nacht auf deutschen Autobahnen, lange Güterzüge, die durch deutsche Bahnhöfe gen Osten rollen, Panzer auf Binnenschiffen im Ruhrgebiet: Wenn die Amerikaner im kommenden Jahr mit Defender Europe 20 die Verfahren zur Verlegung von umfangreichen Kräften aus den USA nach Osteuropa üben, wird Deutschland aufgrund seiner geo-strategischen Lage im Herzen Europas zur logistischen Drehscheibe. Mit der Übung geben die USA ein deutliches Bekenntnis zur Sicherheit Europas und gleichzeitig zeigt die Übung auch, dass europäische Partner gemeinsame Vorhaben verlässlich unterstützen und umsetzen.

Mit der amerikanischen Übung soll die schnelle Verlegbarkeit größerer Truppenteile über den Atlantik und durch Europa geübt werden. Nach den Erfahrungen der nunmehr fünften Rotation von Atlantic Resolve, bei der die Amerikaner eine Brigade mit ihren Fahrzeugen und ihrer Ausrüstung für einen Aufwuchs ihrer Streitkräfte an der Ostflanke der NATO sorgen, wird nun erstmals die Verlegung einer Division geübt. Mit allein schon 26.000 us-amerikanischen Soldatinnen und Soldaten ist diese Verlegung mehr als fünfmal so groß wie die bewährten Rotationen. Während die US-Streitkräfte einen Großteil der Verlegung ihrer Fahrzeuge, Geräte und Ausrüstung eigenständig organisieren, nutzen sie im Transitland Deutschland die Unterstützung durch die Streitkräftebasis – den sogenannten „Host Nation Support“.

Weitere Informationen zu Defender Europe 20 finden sie hier:

Bildquelle: Bundeswehr/Alpers

„Blauer Bund e.V.“, auch der Pflege von Soldatengräbern verpflichtet

Der mittlerweile schon zwanzigjährigen Tradition folgend trafen sich am Samstag, den 26. Oktober 2019 am frühen Morgen wieder 16 Mitglieder des Vereins der Logistiker der Bundeswehr, namentlich der Kameradschaft Aachen/Eschweiler, mit weiteren ihren Idealen und Aufgaben Verbundenen zur Grabpflege auf dem Stolberger Friedhof an der Bergstraße. Auf diesem Friedhof sind in mehreren Gräberfeldern 407 Tote der beiden Weltkriege bestattet. Neben der alljährlich erforderlichen grundsätzlichen Reinigung des Bereiches rings um das zentrale Mahnmal, wobei Laub, Unkraut und Moos zu entfernen waren, galt es auch wieder, Hecken in Form zu schneiden, Rasen zu mähen sowie Flächen aufzulockern und einzuebnen.

Zusätzlich mussten auf einem Gräberfeld die tief eingewachsenen Trittplatten entfernt werden. Nachdem diese weggetragen und auf mehreren Paletten aufgestapelt waren, konnten die entstandenen Löcher mit Mutterboden aufgefüllt, inklusive der angrenzenden Flächen eingeebnet, gewalzt und neu eingesät werden. Der Bauhof der Stadt Stolberg stellte, wie auch in den Jahren zuvor, die Arbeitsgeräte zur Verfügung, jedoch brachten einige Helfer ihr eigenes und damit gewohntes Gerät von zu Hause mit.

Besonders erfreute der Besuch des Bürgermeisters der Stadt Stolberg, Herrn Patrick Haas. Überbrachte er doch den fleißigen Helfern persönlich seinen Dank für die treue Unterstützung und reichte allen namens der Stadt auch eine kleine Pausenstärkung. Am frühen Nachmittag fuhren zufriedene Mitglieder nach Hause mit dem guten Gefühl wieder einmal für eine würdige Erinnerung und Mahnung an die Opfer der Kriege auf dem Stolberger Friedhof einen wichtigen Beitrag geleistet zu haben.

Autor: Oberst a.D. Günter Selbert,

Fotos: Oberst a.D. G. Selbert und Oberstleutnant a.D. J. Steibel

Grundsatzrede der Verteidigungsministerin

Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer Knapp hat vier Monate nach ihrem Amtsantritt ihre grundsätzlichen sicherheitspolitischen Vorstellungen in einer Rede an der Bundeswehr-Universität München erläutert. Unten angeführt der Redetext – in der vorab veröffentlichten Fassung, an die sich die Ministerin weitgehend gehalten hat.

Den Videomitschnitt finden sie hier.

 

Ich freue mich sehr,
dass ich heute hier bei Ihnen bin.
Mein erster Besuch hier an der Universität der Bundeswehr München –
deren guter Ruf ihr vorauseilt,
nicht nur, was die Forschungsleistungen im Bereich Cyber Defense betrifft.

Ich sehe hier den Führungsnachwuchs unserer Bundeswehr.
Hier an der Universität lernen Sie nicht nur akademisches Handwerk,
werden Sie nicht nur mit Wissen und Ideen vertraut gemacht.
Sondern Sie lernen, über den Tellerrand hinauszuschauen.
Sie erhalten hier die bestmögliche wissenschaftliche Ausbildung.
Und daraus erwächst Ihre Verpflichtung, etwas zurückzugeben.
Sie sind diejenigen, die unserem Land dienen,
Sie sind diejenigen, die die Werte unseres Grundgesetzes leben und für Sicherheit und Freiheit einstehen,
Sie sind diejenigen, die Verantwortung für unsere Zukunft übernehmen.
Dafür danke ich Ihnen ausdrücklich.
Und ich ermuntere Sie, diese Rolle anzunehmen.
Nicht nur Vorgegebenes auszuführen, sondern wirklich zu führen –
und so die Zukunft zu formen.

Das gilt gerade in Zeiten des Umbruchs. Der Ungewissheit.
Wenn man merkt, es ändert sich etwas, aber das Neue hat noch keine Gestalt erhalten.
Dieser Eindruck entsteht derzeit beim Blick auf die internationale Lage und beim Nachdenken über Deutschlands Rolle in der Welt.
Einer Welt, wie inzwischen viele sagen, die aus den Fugen geraten ist.
Sie alle kennen die Entwicklungen, die unsere Sicherheitspolitik fordern:
 Die russische Aggression in der Ukraine und insbesondere die völkerrechtswidrige Annexion der Krim; die weltumspannenden Netzwerke des islamistischen Terrorismus; der machtpolitische Aufstieg Chinas, der mit einem Herrschaftsanspruch einhergeht – inzwischen nicht mehr nur in seiner unmittelbaren Nachbarschaft.

Wir erleben derzeit eine Rückkehr der Konkurrenz großer Mächte um Einflusssphären und Vorherrschaft.
Wir erleben autoritäre Herausforderungen gegenüber unseren offenen Gesellschaften.
Wir erleben, wie Staaten die seit Jahrzehnten etablierten Regeln internationaler Ordnung unterlaufen – sei es bei der Nichtverbreitung von Nuklearwaffen oder beim internationalen Handel.
Und wir erleben das unter den Bedingungen tiefgreifender Veränderung –
Klimawandel, Demographie und Digitalisierung sind die Stichworte.
Das sind neue Bedingungen, die aber verkoppelt sind mit traditionellen sicherheitspolitischen Fragen.
Um beim Beispiel Cyber zu bleiben:
Der Cyber-Raum ist zunächst einmal keine physische Dimension und kennt in sich keine geographischen Grenzen.
Aber er ist doch ein menschengemachter Raum, in dem vielfältige politische, ökonomische, gesellschaftliche Interessen miteinander konkurrieren, auch staatliche.

Und er ist auch nicht rein virtuell.
Irgendwo stehen die Router und Rechenzentren,
verlaufen die Datenleitungen, kreisen die Satelliten,
die den Cyber-Raum ermöglichen.
Irgendjemand baut die Hardware und programmiert die Software,
verkauft die Anwendungen.
Und all das verschafft Einwirkungsmöglichkeiten auf die Gestaltung des Cyberraums,
verschafft Macht und Einfluss, nicht nur auf die digitale Welt.
Daraus ergeben sich Aufgaben für unsere Sicherheits- und Verteidigungspolitik –
wo wüsste man das besser als hier, an dem Standort schlechthin für die deutsche Forschung zur Cyberverteidigung.
Und wie es sich für eine Universität geziemt, könnte ich diese vielfältigen neuen Herausforderungen noch detailliert ausbreiten und tief analysieren.
Ich will mich aber heute gerade nicht in Beschreibung ergehen, sondern ich will überlegen, was die Entwicklung der sicherheitspolitischen Lage insgesamt für uns bedeutet und was wir tun können.

Präsident Obama hat oft zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gesagt: „Don’t admire the problem. Tell me about solutions.“
Nicht das Problem bewundern, sondern Lösungen anbieten.
Das ist es, was die Bürgerinnen und Bürger von Politik erwarten.
Und das ist es auch, was unsere Bundeswehr von ihrer politischen Führung erwarten darf.
Nun herrscht kein Mangel an klugen Analysen und Strategiepapieren.
Im Gegenteil, es besteht breite Übereinstimmung, dass Deutschland angesichts der strategischen Herausforderungen aktiver werden muss.
Dass wir, um unsere Werte und Interessen zu schützen, mehr tun müssen.
Das gilt besonders für eine Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die eine dienende Funktion hat, indem sie die Voraussetzung für Entwicklung, Wohlstand und Freiheit schafft.

Vor allem bei der Lösung von Konflikten sollte sich Deutschland, wie der damalige Bundespräsident Gauck gesagt hat, „früher, entschiedener und substantieller einbringen.“
Das war auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014, wo sich der damalige Außenminister Steinmeier und die damalige Verteidigungsministerin von der Leyen ganz ähnlich äußerten.
Und dieser parteiübergreifende sogenannte Münchner Konsens prägt auch das Weißbuch der Bundesregierung zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr aus dem Jahr 2016.
Das alles bleibt nach wie vor gültig und richtig.
Ein Land unserer Größe und unserer wirtschaftlichen und technologischen Kraft, ein Land unserer geostrategischen Lage und mit unseren globalen Interessen,
das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen.
Nicht einfach nur abwarten,
ob andere handeln, und dann mehr oder weniger entschlossen mittun.
Wir müssen selbst Vorschläge machen, Ideen entwickeln, Optionen vorstellen.

Wir Deutschen haben eine Pflicht und vor allem ein Interesse, uns in diese internationalen Debatten einzubringen, sie voranzutreiben.
Daran mitzuwirken, die internationale Ordnung zu schützen und sinnvoll weiterzuentwickeln.
Denn wir sind es doch, die wie kaum ein anderer von der liberalen Ordnung profitieren, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut und ausgeweitet wurde.
Wir sind die Handelsnation, die von internationaler Verlässlichkeit lebt.
Wir sind neben China führend in der internationalen Containerschifffahrt – und auf freie und friedliche Seewege angewiesen.
Und wir sind in der Mitte eines Europas, das von sicheren Grenzen und gleichzeitig kraftvollem Miteinander lebt –
nicht nur in der Wirtschaft,
sondern auch in Wissenschaft und Kultur, unserem gesellschaftlichen Leben.
Das gibt es nicht zum Nulltarif.
Lange haben andere den Großteil der dafür erforderlichen Energie aufgebracht, allen voran die USA.

Derzeit schwinden dort aber der Wille und die Kraft,
überproportionale Beiträge zu leisten.
Und deswegen sind wir für die Zukunft gefordert,
wie andere auch, die für eine verlässliche und freiheitliche Ordnung einstehen.
Ja: Deutschland leistet schon markante Beiträge. Auch im Feld der Sicherheit und Verteidigung.
Wir sind zum Beispiel der zweitgrößte Truppensteller bei der Mission in Afghanistan –
und auch in der NATO insgesamt.
Wir haben als einzige kontinentaleuropäische Nation eine Führungsrolle bei der Enhanced Forward Presence zum Schutz Osteuropas.
Wir unterstützen Partnerstaaten wie Mali und Irak bei der Ausbildung eigener Sicherheitskräfte –
als Bollwerke gegen den internationalen Terrorismus.
Trotzdem wird unsere Rolle immer wieder in Frage gestellt, werden immer wieder Zweifel laut.

Wenn diese Zweifel geäußert werden, liegt das sicher nicht allein daran, dass wir zu wenige Ergebnisse greifen können.
Denn wir sehen ja Fortschritte,
etwa mit Blick auf den sogenannten Islamischen Staat, der sein Territorium räumen musste –
auch dank unserer Beiträge, mit denen wir die Peschmerga unterstützten.
Aber wir wissen auch um die tragische Natur der internationalen Sicherheitspolitik:
Es wird immer Krisen geben, und wir werden nicht jede Bedrohung ausschalten, jedes zerrissene Land befrieden können.
Wir schätzen unsere Möglichkeiten realistisch ein und müssen es auch tun.
Worin liegen die Zweifel also begründet? Ich vermute ich in etwas anderem.
Unsere Absichtserklärungen und strategischen Konzepte stimmen nicht immer und nicht vollständig mit unserem tatsächlichen Handeln überein.
Wir Deutschen sind oft besser darin, hohe Ansprüche, auch moralisch hohe Ansprüche zu formulieren,
an uns und an andere,
als selbst konkrete Maßnahmen vorzuschlagen und umzusetzen.

Das gilt insbesondere für unsere militärischen Beiträge,
geht aber darüber hinaus.
Meine Damen und Herren,
viele in Deutschland haben erkannt, dass wir mehr Verantwortung übernehmen müssen – das war die Botschaft des Münchner Konsens und des Weißbuchs der Bundesregierung.
In dieser Erkenntnis steckt aber ein Versprechen, das wir noch nicht vollständig eingelöst haben.
Weil wir spüren, wie schwierig es ist, die richtigen Ideen in Taten zu übersetzen.
Wir sprechen von unserer „Kultur der Zurückhaltung“, verweisen auf alle möglichen Rücksichtnahmen und Zwänge.
Dabei haben wir allen Grund, mutiger zu handeln.
Nicht nur, weil die strategische Lage ernster wird.
Sondern auch, weil unser Deutschland fest in seiner demokratischen und rechtsstaatlichen Tradition steht – tief verwurzelt im transatlantischen Bündnis und in der Europäischen Union.
Es ist an der Zeit, dass wir daraus die Kraft und das Selbstvertrauen schöpfen, gemeinsam mit unseren Partnern und Verbündeten die Welt und unsere Zukunft stärker zu gestalten.
Wenn wir den Mut haben,
diese Rolle der Gestaltungsmacht anzunehmen, wird das ein Gewinn für uns alle sein –
in Deutschland und darüber hinaus.
Den Aufruf dazu höre ich aus allen Richtungen.
Etwa wenn ich auf viele Titel von Büchern schaue, die Fachleute zur deutschen Sicherheitspolitik in den vergangenen Monaten veröffentlicht haben.
Oder bei meinen Reisen als Verteidigungsministerin.
Ob es nun Termine in Brüssel oder Washington sind,
oder Einsatzreisen in Mali oder Litauen – überall werde ich gefragt:
„Könnt ihr Deutschen bitte noch mehr tun?“

Und: „Bleibt ihr wirklich verlässlich oder zieht ihr euch bald wieder ins Schneckenhaus zurück?“
Das ist einerseits schön, weil es zeigt, wie anerkannt und wertvoll unsere Beiträge sind.
Andererseits verdeutlicht es mir, dass wir von der Lösung der Probleme noch weit entfernt sind.
Aber was heißt nun „mehr tun“? „Mehr Verantwortung übernehmen“?
Es heißt zunächst einmal, dass Deutschland zu allen Fragen, die seine strategischen Interessen betreffen, eine Haltung entwickeln muss.
Denn natürlich hat Deutschland wie jeder Staat der Welt eigene strategische Interessen.
Zum Beispiel als global vernetzte Handelsnation im Herzen Europas.
Wir vertreten jeden Tag unsere Interessen. Aber wir müssen endlich anfangen, das zuzugeben.

Deshalb müssen wir aber auch etwas tun und Initiative ergreifen,
damit aus Haltung und Interesse Wirklichkeit werden kann.
Dazu gehört es auch, unseren gegenwärtigen sicherheitspolitischen Status quo zu hinterfragen.
So liegt z.B. zum Beispiel die Bekämpfung des Terrorismus in der Sahelregion vor allem in den Händen unserer französischen Freunde – obwohl wir in Deutschland gleichermaßen vom Terror und seinen Folgen bedroht sind.
Und obwohl unsere Verbündeten Ziele verfolgen,
für die auch die Bundesregierung steht.
Ich bin aber überzeugt davon, dass wir in Europa gemeinsam von Sicherheit und Stabilität profitieren und deswegen auch die Lasten gemeinsam tragen müssen.
Die materiellen und die moralischen Lasten – wie es Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble vorige Woche in seinem Adenauer-Vortrag ausgedrückt hat.
Dazu gehört letztendlich auch die Bereitschaft, gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern das Spektrum

militärischer Mittel wenn nötig auszuschöpfen. So, wie wir es in Afghanistan schon bei der Bekämpfung des Terrorismus gezeigt haben.
Ich weiß genau, wie viele unserer Soldaten beim ISAF-Einsatz getötet und verletzt worden sind.
Und gerade weil ich es weiß, ist mir die Bedeutung des Einsatzes unserer Partner und Verbündeten umso bewusster und wertvoller.
Wir sollten ihn nie als Selbstverständlichkeit annehmen sondern als Teil gelebter Solidarität.
Und Solidarität ist nie und darf nie eine Einbahnstraße sein.
Oder ein anderes Beispiel:
Unsere Partner im Indo-Pazifischen Raum – allen voran Australien, Japan und Südkorea, aber auch Indien –
fühlen sich von Chinas Machtanspruch zunehmend bedrängt.
Sie wünschen sich ein klares Zeichen der Solidarität.
Für geltendes internationales Recht, für unversehrtes Territorium,
für freie Schifffahrt.

Es ist an der Zeit,
dass Deutschland auch ein solches Zeichen setzt, indem wir mit unseren Verbündeten Präsenz in der Region zeigen.
Weil wir ein Interesse daran haben,
dass bestehendes Recht respektiert wird. Und weil wir nur dann auf die Solidarität anderer zählen können,
wenn wir selbst solidarisch sind.
Dabei, das ist meine tiefe Überzeugung, hilft uns ein starkes, einiges Europa.
Wir wollen und wir werden die europäische Zusammenarbeit in der Verteidigung verstärken. Das wird einer der
Schwerpunkte unser Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte 2020 sein. Alle Vorschläge zur Stärkung der europäischen Handlungsfähigkeit zu Sicherheit und Verteidigung stärken dabei den europäischen Arm innerhalb der Nato.
Da haben wir eine Menge vor, gemeinsam mit allen EU-Mitgliedstaaten.
Zum Beispiel wollen wir der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU einen Strategischen Kompass geben. Einen Kompass, der klar die Richtung weist, wohin wir Europäer wollen und wie wir dahin kommen.

Einen Kompass also für eine selbstbewusste Europäische Verteidigungsunion.
Als Europa sind wir stark – wirtschaftlich, politisch und auch militärisch. Wenn wir es denn sein wollen und bestehende Hürden aus dem Weg räumen. Tun wir es nicht, verzwergen wir uns selbst.
Für mich ist klar: Das geht nur mit einem starken deutsch-französischen Tandem.
Dieses Tandem dient der gemeinsamen europäischen Sache,
das ist der Geist des Aachener Vertrages.
Das gemeinsame Ziel,
auch mein Ziel ist ein handlungsfähiges Europa.
Die Fachleute sagen: „A2A, Ability to Act“. Darum geht es, nicht um Autonomie und Abgrenzung.
Deswegen ist die Europäische Verteidigungsunion immer auf die Zusammenarbeit mit der NATO ausgerichtet, die der Anker der Sicherheit Europas bleibt.
Wir wollen Komplementarität, nicht Konkurrenz.

Deswegen bin ich auch dafür, dass wir kreative Wege finden, Großbritannien weiter in die Sicherheit Europas einzubinden.
Brexit hin oder her, die Insel wird nicht davonsegeln. Sie bleibt weiterhin Teil unserer Sicherheitsarchitektur.
Ich schlage deshalb vor, das in der Iranfrage entstandene „E3-Format“ aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland zu verstetigen.
Auf der Ebene der Verteidigungsminister sollte dieses Format fest etabliert werden, mit einem weiteren Treffen noch dieses Jahr.
Gewissermaßen als zusätzliches Scharnier zwischen NATO und EU.
So schaffen wir neue Impulse für unsere gemeinsame Sicherheit, sowohl in der EU als auch in der NATO, für alle Europäer.
Und wo wir beim Begriff des Sicherheitsrats sind:
Die Idee, wir bräuchten auch einen Sicherheitsrat auf nationaler Ebene, ist gewiss nicht neu.

Aber ich finde die Argumente, wie sie jüngst Wolfgang Ischinger vorgebracht hat, sehr bedenkenswert.
Wir sollten den jetzigen Bundessicherheitsrat weiterentwickeln.
Hin zu einem Ort, der die verlässliche Koordination unserer strategischen Instrumente gewährleistet.
Ein Ort, an dem zusammengedacht wird, was zur Schaffung einer auf Humanität beruhenden Ordnung zusammengehört: Diplomatie, Militär, Wirtschaft und Handel, Innere Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit.
Denn wenn wir unseren umfassenden,
vernetzten Ansatz mit Leben füllen wollen, dann müssen wir das auch an herausgehobener Stelle organisieren.
So ein Nationaler Sicherheitsrat würde unsere Beiträge zur internationalen Krisenbewältigung schneller und effektiver zur Wirkung bringen.
Und auch durch vorausschauende Themensetzung einen wichtigen Beitrag zu unserer strategischen Kultur leisten.
Und ich will gleich dazusagen: Entscheidungen über Einsätze der Bundeswehr würden natürlich nach wie vor von einem Mandat des Deutschen Bundestags abhängen.
Die öffentliche Beratung unseres Parlaments und sein eindeutiger Beschluss verschaffen den Einsätzen unserer Soldatinnen und Soldaten besondere demokratische Legitimität.
Das ist ein hohes Gut.
Allerdings sehe ich auch, dass die Kommission zur Überprüfung der Beteiligungsrechte des Parlaments in der vergangenen Legislaturperiode einige Gedanken entwickelt hat,
die noch nicht ausreichend zum Tragen gekommen sind.
Ich denke da an die Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der parlamentarischen Meinungsbildung.
Mir ist wichtig, dass die Bundeswehr an völkerrechtlich legitimierten internationalen Operationen teilnehmen kann, ohne dass Verzögerungen und Unsicherheiten über unsere Leistungsbereitschaft entstehen – und zugleich die Rechte des Bundestags gewahrt bleiben.
Wenn klar ist, dass es internationale Missionen sind, ob von der Nato geführt oder von den Vereinten Nationen, könnte das Verfahren im Parlament beschleunigt

werden. Das sollte auch möglich sein, wenn wir mit europäischen Partnern zusammen tätig werden wollen. Eine Bundeswehr ohne Parlamentsvorbehalt kann ich mir aber nicht vorstellen.
Nationaler Sicherheitsrat, Parlamentsbeteiligung, pragmatischere europäische Strukturen –
das sind die Maßnahmen, mit denen wir unsere „A2A“, die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands verbessern können.
Meine Damen und Herren,
beim Thema Handlungsfähigkeit fasse ich mir als Verteidigungsministerin natürlich zuerst an die eigene Nase.
Unsere Bundeswehr ist zwar nur eines von vielen Instrumenten der deutschen Sicherheitspolitik, aber doch ein besonders wichtiges.
Und wir wissen alle, dass unsere Bundeswehr noch Nachholbedarf hat, dass gerade bei der Einsatzbereitschaft von Material und Ausstattung noch manches zu verbessern ist.

Vieles ist da in den vergangenen Jahren geschehen, aber es bleibt noch deutlich Luft nach oben.
Das fängt an bei einer vernünftigen Entwicklung des Verteidigungshaushalts – auf 1,5% des BIP bis 2024 und 2% bis spätestens 2031.
Nicht, weil der amerikanische Präsident – und nicht nur der aktuelle – das fordert.
Sondern weil es in unserem eigenen Sicherheitsinteresse ist.
Das mag manchem nicht schnell genug gehen. Manch anderer hingegen möchte überhaupt nicht so viel Geld für Verteidigung aufwenden.
Ich sage: Wir haben ein kluges Weißbuch der Bundesregierung und ein kluges Fähigkeitsprofil der Bundeswehr.
Da haben wir genau beschrieben, mit welchen Aufgaben unsere Bundeswehr rechnen muss, und was sie dafür braucht.
Das ist gut ausgeplant, und daran halte ich fest. Das habe ich erst gestern bei der Begegnung mit NATO-Generalsekretär

Stoltenberg gesagt und das werde ich auch morgen sagen,
wenn US-Außenminister Pompeo den Bendlerblock besucht.
Meine Damen und Herren,
Mit Blick auf die Bundeswehr sollten wir nicht so tun, als könne unsere Truppe nichts.
Der Eindruck stellt sich bei all den hämischen Kommentaren ja gelegentlich ein.
Meine Erfahrung aus den vielen Besuchen und Gesprächen in den ersten Monaten im Amt ist eine ganz andere.
Die Bundeswehr ist voller tatkräftiger Menschen, die mit Leidenschaft und höchster Einsatzbereitschaft ihren Dienst leisten.
Die auch dann, wenn die Rahmenbedingungen schwierig sind, immer wieder zeigen, dass die Bundeswehr ihre Aufgaben jederzeit erfüllt.
Es ist die Aufgabe der Politik, diese Rahmenbedingungen zu verbessern.

Damit wir uns effektiver, kreativer und mutiger in die internationale Problemlösung einbringen.
Andere mit unseren Ideen überzeugen und durch unser Tun zum gemeinsamen Handeln inspirieren.
Aber dabei ebenso prinzipienfest wie pragmatisch bleiben.
Für Abenteuer war die Sicherheitspolitik der Bundesrepublik nie zu haben,
und das bleibt auch so.
Ich bin aber überzeugt davon:
Über unsere Initiativen, die Konsequenzen unseres Handelns,
aber auch unseres Nicht-Handelns müssen wir offener debattieren.
Wir müssen mehr miteinander reden, mehr erklären,
mehr über alternative Handlungsoptionen streiten.
Nicht den oberflächlichen Konsens suchen,
sondern mehr sprechen über deutsche Sicherheits- und Verteidigungspolitik,
um mehr tun zu können.

Als zukünftige Führungskräfte unserer Bundeswehr,
wird das auch Ihre Aufgabe sein, meine Damen und Herren.
Lassen Sie uns deshalb heute damit anfangen,
jetzt mit Ihren Fragen und Ideen.
Herzlichen Dank!

Bildquelle: (Jonas Weber/Bundeswehr)