Bundeswehr setzt bei Indirektem Feuer auf Kooperation und Innovation

Im Rahmen des internationalen Common Armoured Vehicle System (CAVS)-Programms wird Deutschland das zukünftige System Indirektes Feuer in der Variante kurze Reichweite schwer (ZukSysIndF kRw schwer) umsetzen. Dieses bedeutende Projekt umfasst sowohl 120mm Mörsersysteme als auch Feuerleitfahrzeuge, die auf der Trägerplattform CAVS basieren.

Mit dem heute im Beschaffungsamt der Bundeswehr unterzeichneten Vertrag wird die Beschaffung von Nachweismustern sowie die Unterstützung der integrierten Nachweisführung vereinbart. Die Teilnahme am internationalen CAVS-Programm gewährleistet einen hohen logistischen Deckungsgrad der Trägerplattform und fördert die Interoperabilität mit anderen NATO-Nationen. Dies legt die Grundlage für zukünftige Kooperationen, insbesondere im Bereich der Mörsersysteme.

Das Projekt ZukSysIndF kRw schwer wird die Ablösung der bestehenden 120mm Mörser und deren Trägerfahrzeuge realisieren. Die grundlegende technische Reife des neuen Systems wurde bereits im Rahmen einer Reifegradanalyse bestätigt.

Das zukünftige System Indirektes Feuer in der Variante kurze Reichweite, schwer.
Bildrechte: Patria Group

„Der Vertrag zur Serienreifemachung und Qualifikation der Nachweismuster stellt einen ersten Meilenstein in der deutschen Beteiligung am internationalen CAVS-Programm dar“, erklärt der zuständige Projektleiter des Beschaffungsamtes. „Nach dem Beitritt Deutschlands zum CAVS-Programm im Jahr 2023 und der Unterzeichnung des Joint Research and Development Agreement im Jahr 2024, ermöglicht dieser Vertrag die Realisierung der deutschen Variante des schweren Mörsers sowie die Qualifikation nationaler Anpassungen.“

Nach dem heutigen Vertragsschluss ist die erste Lieferung der Mörser bereits in der ersten Jahreshälfte 2025 vorgesehen, gefolgt von der zweiten Lieferung im dritten Quartal 2026. Die Lieferung der Feuerleitfahrzeuge wird ebenfalls im dritten Quartal 2026 erwartet. Der Abschluss der Qualifikation ist für Ende 2027 geplant.

Die Umsetzung des Vertrages ist ein wesentlicher Schritt zur Integration deutscher Komponenten, wie beispielsweise Führungs- und Waffeneinsatzsysteme, und zur logistischen Einbindung der Plattform in die Bundeswehr. Nach erfolgreicher Qualifikation ist ab 2028 der erste Serienzulauf von Mörsern und Feuerleitfahrzeugen vorgesehen. Die Details zur Serienbeschaffung werden derzeit in einem separaten Beschaffungsrahmenvertrag verhandelt.

Hintergrund CAVS

Das Kooperationsprogramm CAVS beinhaltet die Entwicklung einer einheitlichen Plattform eines militärischen Radfahrzeugs mit einem 6×6-Antrieb. Die Plattform ist modular ausgelegt und kann ausgehend von einer Basis-Variante über Schnittstellen und Modifikationen in verschiedenen Varianten konfiguriert werden kann. Das Programm umfasst gleichermaßen das Ausbildungs- und logistische Versorgungssystem für die jeweiligen Varianten. Neben Deutschland und der Führungsnation Finnland beteiligen sich auch Lettland und Schweden an der gemeinsamen Initiative. Als neue Variante soll nun der „Schwerer Mörser“ (Heavy Mortar) eingeführt werden.

Quelle: PIZ AIN

Brigade Litauen erhält 65 Dingo 2-Fahrzeuge

Als besonderes Signal der Solidarität mit den Bündnispartnern und zur Stärkung der Verteidigungsbereitschaft an der NATO-Ostflanke setzt Deutschland seine Führungsverantwortung mit der Aufstellung einer Brigade für Litauen um. Die dauerhafte Stationierung der Brigade gilt als Leuchtturmprojekt der sicherheitspolitischen Zeitenwende. Anfang April dieses Jahres begann die Stationierung der Brigade Litauen mit einem Vorkommando.

Bis Ende 2024 wird dieses zu einem Aufstellungsstab aufgewachsen sein. Im Jahr 2025 wird die Brigade dann in Dienst gestellt und die Truppenverlegung beginnt schrittweise. 2027 soll die Brigade dann einsatzfähig sein.

Für Anfang 2027 ist auch die Auslieferung der ersten, heute durch das Beschaffungsamt der Bundeswehr beauftragten 65 Dingo 2 vorgesehen.

Allschutz-Transport-Fahrzeug (ATF) Dingo 2 A4.1 steht im Gelände auf dem Truppenübungsplatz
Bildrechte: Bundeswehr/Ralph Zwilling

Der Dingo 2 ist ein geschütztes Radfahrzeug, das in vielen verschiedenen Umgebungen und Szenarien eingesetzt werden kann, besonders auf Konvoi- und Patrouillenfahrten oder Aufklärungsmissionen. Durch sein modulares Panzerungssystem bietet er eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen ballistische Bedrohungen, Minen und Improvised Explosive Devices, kurz IEDs. Seine Waffenstation ist unter Panzerschutz fernbedienbar. Daher wird der Dingo auch oft als „die Lebensversicherung für die Truppe“ bezeichnet.

In der Version Patrouillen- und Sicherungsfahrzeug wurden 2023 zunächst 50 Fahrzeuge über eine Rahmenvereinbarung beauftragt. Mit heutigem Abruf werden 65 weitere Fahrzeuge in dieser Ausführung beschafft, um die geschützte Mobilität der deutschen Soldatinnen und Soldaten in Litauen sicherzustellen.

Durch seine Abmessungen ist das Fahrzeug außerdem luftverladbar und hochmobil, sodass auch enge und kurvenreiche Straßen in bebautem Gebiet gut befahren werden können. Sein Unimog-Fahrgestell sowie der Allrad-Antrieb machen den Dingo wendig und geländegängig. Dabei bietet diese Version Platz für bis zu sieben Personen.

Die Bundeswehr nutzt bereits mehr als 500 Dingos in unterschiedlichen Versionen. Großteils werden sie im Heer und bei der Streitkräftebasis eingesetzt.

Quelle: PIZ  BAAINBw

Weitere Reaktivschutzmodule für die Kriegstauglichkeit des Schützenpanzer Puma

Die hochmoderne Reaktivschutztechnologie bildet einen wesentlichen Bestandteil des Schutzes für den Schützenpanzer Puma und seine Besatzung.

Um die Durchhaltefähigkeit des Pumas im Einsatz über einen längeren Zeitraum zu gewährleisten, hat das Beschaffungsamt der Bundeswehr heute einen Rahmenvertrag geschlossen, der die Beschaffung einer sogenannten Einsatzbevorratung ebendieser Reaktivschutzmodule ermöglicht.

Mengenmäßig entspricht die heutige Festbeauftragung zunächst in etwa der Ausstattung in der Größenordnung eines Bataillons. Damit wird die Panzergrenadiertruppe unter anderem für ihren Einsatz im Rahmen der Brigade Litauen bestmöglich vorbereitet.

 

Soldaten der 10. Panzerdivision üben mit dem Schützenpanzer Puma das Gefecht
Bildrechte: Bundeswehr/Marco Dorow

Die Reaktivpanzerung ist eine Add-on-Lösung, die außen am Schützenpanzer angebracht wird und Explosivstoff enthält. Sobald eine Hohlladung darauf trifft, wird der Explosivstoff ausgelöst und eine Platte in Gegenrichtung des Hohlladungsstachels beschleunigt. Dadurch kann die Wirkung der Hohlladung effektiv und mit vergleichsweise geringem Gewichtseinsatz abgewehrt werden. Die Module schützen die Besatzung zudem vor ballistischen Bedrohungen, insbesondere aber vor Panzerabwehrhandwaffen.

Die Auslieferung der Module soll voraussichtlich bis Ende 2028 abgeschlossen sein.

Quelle: PIZ AIN

 

Bundeswehr erhält verlegefähige Rechenzentren für die Einsatzgebiete

Mit dem Projekt „German Mission Network Block 1“ (GMN 1) erhält die Bundeswehr verlegefähige, modular aufgebaute sowie skalierbare Rechenzentren. Diese stellen in den Einsatzgebieten multinational interoperable IT-Services zur Verfügung und verlängern somit die IT-Services aus den stationären Rechenzentren im Inland in die Einsatzgebiete. Dabei bilden diese Rechenzentren zusammen mit den stationären Basen im Inland eine logische Einheit. Sie ermöglichen einen verzugslosen Informationsaustausch innerhalb der Teilstreitkräfte und mit NATO-Partnern.

Containerlösung eines verlegefähigen Rechenzentrums GMN 1
Bildrechte/Fotograf: PIZ AIN

Dazu hat das Beschaffungsamt der Bundeswehr heute einen Vertrag mit der BWI GmbH geschlossen. Neben der Bereitstellung der verlegefähigen Rechenzentren beinhaltet der Vertrag deren Anbindung an die stationären Rechenzentren, Test- und Ausbildungsanlagen sowie die Erweiterung der Kapazitäten der stationären Rechenzentren in Deutschland (Basis Inland). Das Projekt wird aus dem Sondervermögen Bundeswehr finanziert und wurde gestern durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gebilligt.

GMN 1 stellt einen äußerst wichtigen, systemrelevanten Baustein in der Ende-zu-Ende-Kette dar, die Streitkräfte in einen durchgängig digitalisierten, dem Stand der Technik entsprechenden Systemverbund zu integrieren. Die mit GMN 1 aufzubauende IT-Infrastruktur ist ein Kernstück für die erfolgreiche Durchführung militärischer Operationen der Bundeswehr auf dem digitalisierten Gefechtsfeld von heute und morgen. Diese neuen digitalen Fähigkeiten sind von erheblicher Bedeutung für die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr.

Quelle: PIZ AIN

„Wir brauchen eine Reserve, die bereit ist“

Die Reserve der Bundeswehr ist in der Zeitenwende für die Landes- und Bündnisverteidigung wichtiger denn je. Das unterstrich Verteidigungsminister Boris Pistorius in seiner Rede auf der Jahrestagung der Reserve in Berlin. Auch der Neue Wehrdienst soll zur Stärkung der Reserve beitragen.

Die russische Invasion in der Ukraine habe alle Beteiligten wachgerüttelt, sagte der Verteidigungsminister zum Auftakt: Zu lange habe man sich in Sicherheit gewogen, anstatt in sie zu investieren. Jetzt werde mit Hochdruck daran gearbeitet, die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu stärken. „Wir richten die Bundeswehr wieder konsequent auf Landes- und Bündnisverteidigung aus und setzen bei allen wichtigen Stellschrauben an: beim Geld, beim Material und beim Personal“, sagte Pistorius vor rund 350 Menschen, die auf Einladung des Verteidigungsministeriums und des Reservistenverbandes der Bundeswehr nach Berlin gekommen waren.

„Der Schutz unseres Landes ist eine Aufgabe, die wir nur mit einer starken Reserve leisten können.“
Boris Pistorius, Verteidigungsminister
@Bundeswehr/Norman Jankowski

Die globale Sicherheitslage dulde keinen weiteren Aufschub, so der Minister: Deutschland müsse seinen Verbündeten ein verlässlicher und starker Partner sein. Abschreckungspotenzial müsse entwickelt und Verteidigungsbereitschaft bewiesen werden. „Bereit sein heißt, sich zu engagieren und Verantwortung zu übernehmen. Und bereit sein heißt auch: militärisch auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein“, so der Minister. Es gehe darum, Russland aus einer Position der Stärke heraus zu begegnen und klarzumachen, dass man willens und in der Lage sei, Deutschland und seine Werte zu verteidigen.

Rückgrat des Heimatschutzes

Der Reserve komme dabei eine zentrale Rolle zu, so Pistorius. „Wir wollen die Reserve in den kommenden Jahren so aufstellen, dass sie zum Rückgrat für den Heimatschutz wird“, sagte der Minister. Zusätzlich werde sie wichtige Aufgaben bei der Unterstützung verbündeter Nationen übernehmen, so Pistorius. „Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe und eine, die die Reserve nur erfüllen kann, wenn wir ihre Strukturen personell befüllen und die Anzahl der Beorderungen deutlich nach oben bringen.“ Zudem müsse in die Ausrüstung investiert und die Zahl der Übungen insbesondere im Heimatschutz erhöht werden. Die Reserve müsse im Frieden so befähigt werden, dass sie im Ernstfall unmittelbar einsetzbar sei, fuhr Pistorius fort.

Teamarbeit: Generalleutnant Andreas Hoppe (l.) leitet die Tagung mit Oberst d. R. Patrick Sensburg.
Hoppe ist Beauftragter des Verteidigungsministeriums für Reservistenangelegenheiten,
Sensburg Präsident des Reservistenverbandes der Bundeswehr. @Bundeswehr/Jörg Carstensen

Sicherheit geht alle an

Außerdem würden mehr Frauen und Männer gebraucht, die sich für die Verteidigung ihres Landes einsetzten, so der Minister. „Sicherheit kann nicht von einigen Wenigen geleistet werden – es liegt an uns allen. Gerade im Ernstfall brauchen wir eine schnelle Aufwuchs- und Durchhaltefähigkeit“, sagte er. „Wir brauchen eine Reserve, die sichtbarer und effektiver wird. Wir brauchen eine Reserve, die bereit ist.“

Auch deshalb habe er den Neuen Wehrdienst vorgeschlagen, der am Mittwoch von der Regierung gebilligt worden war. Künftig sollen junge Erwachsene wehrdienstlich erfasst und bis zu 5.000 Freiwillige im Jahr zusätzlich für den Wehrdienst herangezogen werden. Nach ihrer militärischen Ausbildung werden die Freiwilligen in die Reserve überführt und sollen regelmäßig an Wehrübungen teilnehmen.

Volles Haus: Verteidigungsminister Pistorius spricht zu den 350 Reservistinnen und Reservisten und in der Reservistenarbeit tätigen Bundeswehrangehörigen,
die für die Jahrestagung der Reserve 2024 nach Berlin gekommen waren.  @ Bundeswehr/Jörg Carstensen

„Junge Menschen sollen sich für unser Land einsetzen können“, sagte Pistorius dazu. Es gehe nicht nur darum, die Uniform zu tragen, sondern auch um die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Der Neue Wehrdienst sei ein erster und wichtiger Schritt auf diesem Weg, so der Minister. „Und es ist der erste Berührungspunkt, das erste Verständnis für das, was es heißt, Reservist zu sein.“ Deutschland und die NATONorth Atlantic Treaty Organization stünden derzeit einer Bedrohung gegenüber, wie es sie seit Ende des Kalten Krieges nicht mehr gegeben habe, mahnte Pistorius zum Abschluss seiner Rede. „Und die wird nicht verschwinden, wenn wir sie ignorieren.“

von Timo Kather