Bericht der Kameradschaft Aachen/Escheiler zur Bildungs- und Erlebnisreise 2023

Bericht der Kameradschaft zur Bildungs und Erlebnisreise 2023

Blick vom Dreifaltigkeitsberg auf das Zentrum von Regensburg und den Dom

Als wir jüngst in Regensburg waren…

Ein Reisebericht

Aber warum ausgerechnet nach Regensburg?!

Regensburg, am nördlichsten Punkt der Donau gelegen, doppelte UNESCO-Welterbestadt, kurze Wege nach München, Prag, Berlin, und auch Aachen ist in erreichbarer Nähe. Regensburg ist eine Hafenstadt und über die Donau mit dem Schwarzen Meer verbunden. 365 Kirchen jeder Größenordnung, um die 350 Lokale, Gaststätten, Restaurants und damit die Stadt mit der größten Gaststätten-Dichte in Bayern, Regensburger Domspatzen – der älteste Knabenchor der Welt, Steinerne Brücke – , Weltwunder des Mittelalters, fast 150 Jahre lang Sitz des Immerwährenden Reichstags, Walhalla, Schloss St. Emmeram – das größte privat bewohnte Schloss Deutschlands, einzige Wohntürme nördlich der Alpen, bis zur Schrumpfung der Bundeswehr größter Militär Standort in Bayern, ein Heimspiel folglich für diejenigen, die wesentliche Teile ihrer Dienstzeit hier in Regensburg verbracht haben. Gründe genug, nach Regensburg zu fahren.

Am Sonntag, 18. Juni, 8:00 Uhr, soll in der Donnerberg-Kaserne gestartet werden. Um 7:57 Uhr sind wir bereits unterwegs. Man kennt sich, man weiß militärische Pünktlichkeit zu schätzen und unser Reiseleiter, Günter Selbert, kann zu einem besonderen Ereignis gratulieren. Am heutigen Tag, vor 47 Jahren, haben Ingrid und Heinrich Rüttgers den Bund fürs Leben geschlossen. Eine Win-Win-Situation! Den Rüttgers wird mit „viel Glück und viel Segen…“ gratuliert, die Bus-Belegschaft ist mit Sekt versorgt.

Um 15:30 Uhr ist Regensburg erreicht, wenig später unsere Unterkunft, der Bischofshof, im Zentrum von Regensburg direkt neben dem Dom gelegen. Die Stadt feiert seit drei Tagen ihr Bürgerfest und ist in Hochstimmung. Alle zwei Jahre feiern sich die Bürger, aber das letzte Bürgerfest war Corona zum Opfer gefallen. Dichtes Gedränge aller Orten, auf jedem der vielen Plätze wird Musik geboten, wer einen Platz zum Zuhören oder Biertrinken ergattert hat, gibt ihn nicht mehr auf.

Seit Montagvormittag ist allen klar, dass wir uns auf einer Bildungs-, nicht auf einer Urlaubsreise befinden. Zwei Stunden sollte die Stadtführung dauern, aber Peter Höfele, OStFw a.D., in Regensburg geboren und lange dort stationiert, passionierter Läufer, führt uns durch Ecken und Winkel und macht jedem klar, warum Regensburg eine Stadt ist, die eine lange Geschichte hat und es wert ist, besucht zu werden. Stadtführungen haben alle von uns schon über sich ergehen lassen müssen, aber die persönliche Art, wie Höfele die Stadt präsentiert, stellt wohl alle professionellen Stadtführer in den Schatten. Kenntnisreich, humorvoll, mit persönlichen Anekdoten versehen, ist es eine Freude, ihm zuzuhören. Nach zweieinhalb Stunden ist er und sind wir fertig und reif für die Historische Strudelfahrt, die am Nachmittag ansteht.

Steinerne Brücke – im Hintergrund Stadtamhof

…sind wir über den Sprudel gefahren.

Strudelfahrten sind für Menschen weiblichen Geschlechts ein gefährlich Ding. „Wem der Myrtenkranz geblieben, landet froh und sicher drüben, wer ihn hat verloren, ist dem Tod erkoren.“ So in der fünften Strophe des bayerischen Volkslieds nachzusingen. Dank moderner Technik werden die Strudel überwunden, und alle erreichen wieder das rettende Ufer.

Am Dienstag bekommen wir eindrucksvoll bewiesen, dass die Lebensweisheit des chinesischen Philosophen Konfuzius (551 – 479 v.Chr), dass der Weg das Ziel sei, noch immer richtig ist. Bodenmais ist unser Ziel, aber wer offenen Auges durch Gäuboden und anschließend in den Bayerischen Wald fährt, kann sich an der wunderschönen Landschaft Niederbayerns erfreuen.
Unser Ziel ist die Glasfabrikation Joska. Wir haben gehört, dass Quarzsand die Hauptzutat für die Herstellung von Glas ist. Kalk, Sulfat und Soda kommen dazu. Alle Zutaten werden bei großer Hitze von 1600° geschmolzen. Glasfabrikation, besonders die Glasbläserei ist in Bayern wegen des Waldreichtums zu finden. Heute besteht das Rohmaterial aus dem Weißglas, das wir in den Müllcontainern entsorgen. Wir können staunend verfolgen, wie der Glasbläser innerhalb kürzester Zeit ein farbiges Glas herstellt. Das Angebot, ein farbiges Glas nach eigenem Gusto hergestellt zu bekommen, will dennoch niemand annehmen. Wohin damit, wenn man eher bereit ist, seinen Hausstand zu reduzieren?! Die Ware, die man im Ausstellungsraum besichtigen kann, löst bei so mancher Mitreisenden Kopfschütteln aus.

Der Baumwipfelpfad in Neuschönau ist das Ziel für den Nachmittag. Es ist immer wieder faszinierend, einen solchen Pfad zu besteigen. Der gleichmäßige Anstieg überfordert niemanden, die Entfernung zum Boden wird immer größer, bis man schließlich oberhalb der Bäume angelangt ist. Konstruktion und Bau eines solchen Pfades sind aufwendig, zumal die Sicherung an allererster Stelle steht. Ist man nach 44 Höhenmetern und einer spiralförmigen Wegstrecke von 1200 m oben angelangt, ist die Sicht atemberaubend.

Blick vom Baumwipfelpfad auf die Höhenzüge des Bayerischen Waldes

Am Mittwoch sind wir in der Weißbierbrauerei Kuchlbauer in Abensberg angemeldet.  Wir verlassen den Bus, gehen einige Schritte und sehen durch das Grün der Bäume einen schlanken hohen Turm mit bunten Kugeln und einem goldenen Dach. Doch das Ziel ist die Brauerei. Bier wird in Bayern aller Orten gebraut, ein Schwerpunkt liegt oben in Bamberg. In der Nähe der Ortschaft Abensberg erstreckt sich das größte Hopfenanbaugebiet der Welt. Jetzt wissen wir, dass es männlichen und weiblichen Hopfen gibt. Nur der weibliche Hopfen wird genutzt, und sollte auch nur eine Pflanze männlichen Hopfens dazwischengeraten sein, ist der gesamte Anteil nicht brauchbar. Durch Gäuboden waren wir am Vortag bereits gefahren. Auf dem fruchtbaren Boden im Gäuboden gedeiht Brauweizen hervorragender Güte, und im bayerischen Jura wächst die Braugerste.

Hundertwasserturm Abensberg, Brauerei Kuchlbauer

Das für die Brauerei benötigte Wasser entnimmt man dem eigenen Brunnen. Das Brauereiverfahren ist original echt altbayerisch. Wofür allerdings früher Fachleute mit unterschiedlichen Kompetenzen benötigt wurden, braucht man heutzutage zwei Mann, die die Produktion überwachen. Der Chef der Brauerei, Leonhard Salleck, hatte eine enge Beziehung zum Österreicher Hundertwasser. Hundertwasser wollte die Welt mit Farbe und lustigen Formen fröhlicher machen. Aus der Freundschaft ist der Hundertwasser- Kuchlbauer-Tower entstanden. In der Planung war eine Turmhöhe von 70 m vorgesehen, doch Bürgermeister und Landeskonservator wollten eine Umsetzung verhindern. Hundertwasser war im Februar 2000 an Bord der QE2 vor Brisbane gestorben. Der Entwurf für den Turm musste geändert werden, die Höhe wurde auf ca. 35 m beschränkt. Der Grundstein wurde im April 2007 gelegt, im August 2008 die 12 t schwere Dachkugel auf den Turm gesetzt und der Tower 2010 für den Publikumsverkehr freigegeben. Per Fahrstuhl sind wir nach oben gefahren und bekommen einen Eindruck von der Wirkungsweise des österreichischen Künstlers und Architekten.

Am Nachmittag fahren wir zum Kloster Weltenburg und besichtigen die Abteikirche. Das Kloster wurde um das Jahr 600 gegründet und ist damit die älteste klösterliche Niederlassung Bayerns.
Um das Jahr 800 übernahm die Abtei die Regeln des heiligen Benedikt. Im Kloster leben heute noch sieben Benediktiner-Mönche. In der Klosterkirche sorgt unsere Führerin für Ruhe bei den wenigen Gästen, die sich neben uns eingefunden hatten. Betritt man den Kirchenraum, fällt sofort das sonnenartige Rundfenster im Hochaltar auf. Der Kirchenpatron Sankt Georg erscheint zu Pferde in glänzender Rüstung in blendendem Gegenlicht. Auf einen Denkmalsockel erhoben, führt er eine flammende Lanze gegen einen wütend sich aufbäumenden Drachen, dem sich die lebensnahe lybische Prinzessin durch das Dazwischenfahren ihres Retters Sankt Georg entziehen kann. Die Szene aus der Legende des Heiligen erhält eine wirkungsvolle Steigerung durch die effektvolle Lichtführung. Der aus der Lichtfülle in die Dämmerung des Kirchenraums stoßende Streiter Christi wird zum Vorreiter im Kampf des Lichtes gegen die Finsternis.

Asamkirche Benediktinerabtei Kloster Weltenburg

Ein Kloster ist auch ein Wirtschaftsbetrieb. Wer das klösterliche Museum besuchen will, muss Eintritt zahlen. Die Abteikirche scheint wenig besucht, im Biergarten herrscht Hochbetrieb. Es regnet und der große Innenraum ist schnell besetzt. Von der Qualität des im Kloster gebrauten Bieres sind wir schnell überzeugt.

Wenige Meter entfernt kommen wir zur Anlegestelle, wo uns die Schifffahrt durch den Donaudurchbruch erwartet. Die Donau verengt sich hier auf 110 m und erreicht eine Wassertiefe von 20 m. Zu beiden Seiten türmen sich die Felswände bis zu einer Höhe von 80 m. Leider schon nach 20 Minuten Schifffahrt ist Kehlheim erreicht, der Bus bestiegen und der Rest des Tages steht zur freien Verfügung.

Heute ist Donnerstag, und wir werden Regensburg nicht mehr verlassen. Wer nach Regensburg fährt, für den ist der Besuch der Walhalla eine Pflichtaufgabe. Der eine Weg dorthin führt über die Donau. Man geht unterhalb von Walhalla wieder von Bord, hat bis dahin die Möglichkeit gehabt, ausdrucksstarke Fotos von der Walhalla zu machen und bewegt sich zum Aufstieg nach oben. Jetzt erwarten ihn 358 Stufen, unterschiedlich hoch, Geländer nicht vorhanden. Eine Freude für Herrn Höfele, eine Zumutung für normal veranlagte Menschen. Wir fahren aber mit dem Bus. Die beiden Führerinnen informieren über Historie, Bauwerk und Inhalt. Dorischer Stil, 52 Säulen, 64 Gedenktafeln, 253 Büsten, davon nur 13 Frauen. Käthe Kollwitz ist die letzte, die aufgenommen wurde. Frühestens 20 Jahre nach dem Tod ist eine Aufnahme in die heilige Halle möglich. Alle sind beeindruckt und fotografieren.

Walhalla aus den Donauniederungen, Innen- und Außenansicht

Nach dem Besuch der Walhalla widmen wir uns Regensburg als Garnisonsstadt. Sechs Kasernen hat es gegeben, keine ist übriggeblieben. Früher lag hier die 4. PzGrenDiv. Die herkömmliche Landesverteidigung ist nicht mehr gefragt und 2006 wird das zuletzt hier stationierte Kommando Luftbewegliche Kräfte/ 4. Division in Kombination mit einer Umgliederung nach Stadtallendorf verlegt. Diejenigen, die hier gedient haben, erinnern sich wehmütig, vielen anderen ist es anderswo ähnlich ergangen.

Im Zentrum von Regensburg liegt der Dom. Er ist die bedeutendste Kirche der Stadt und die Kathedrale des Bistums Regensburg. Die Kathedrale gehört neben dem Kölner Dom zu den bedeutendsten gotischen Bauwerken in Deutschland. Der entstandene Bau ist Nachfolger eines romanischen Doms, von dem noch ein Turm erhalten ist. Der Bau des gotischen Dom begann 1275. Der Ausbau der beiden Domtürme und der Turmhelme erfolgte erst von 1859 bis 1869.
Wenn man den Kirchenraum aus hellem Sonnenschein heraus betritt, muss sich das Auge erst an die Dunkelheit gewöhnen. Unsere Führung beginnt im Lapidarium, wo die Führerin die Baugeschichte und Bedeutung des Doms uns zur Kenntnis bringt. Natürlich spricht sie auch über die Regensburger Domspatzen, einen der ältesten Knabenchöre der Welt. Georg Ratzinger war 30 Jahre lang Domkapellmeister und Leiter dieses Knabenchores. Im Dom weist sie besonders auf ihre Lieblingsfiguren, den lachenden Engel und den hl. Paulus hin. Ihr besonderes Augenmerk gilt aber den Fenstern, die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges in Sicherheit gebracht worden waren und nach Beendigung des Krieges wieder eingebaut werden konnten.

Am letzten Tag unserer Bildungsreise werden wir von Elisabeth Blersch, Germanistikstudentin im vierten Semester, durch das Schloss der Thurn und Taxis geführt. Eine Fremdenführerin sollte sprachgewandt, kenntnisreich, humorvoll und möglichst auch noch ansehnlich sein und sich auf die Geführten einstellen können. Frau Blersch erfüllte die Herausforderungen. Hier also lebt ihre Durchlaucht, Fürstin Gloria, und verwaltet ihre Güter. Fast hätten wir die Fürstin zu Gesicht bekommen, Fahrer und Ferrari standen schon bereit, aber wir haben keine Zeit. Wir hören die Geschichte der Familie, hören vom Post-Monopol, sehen die Pracht eines alten Herrscherhauses, das kein Museum ist, sondern genutzt wird und sind beeindruckt.
Zum Anwesen gehört die Kapelle St. Emmeram. Der Kern der Kirche wurde 780 errichtet. Durch einen Brand wurde 1642 das Mittelschiff der Kirche zerstört, anschließend wieder aufgebaut. Zwei Jahre lang bis 1733 erfolgte die Neuausgestaltung durch die Brüder Asam im Stil des Barocks. Eine besondere Rolle in der Historie von St. Emmeram spielt Wolfgang. Er wurde 968 im Alter von 43 Jahren zum Priester, 972 zum Bischof von Regensburg geweiht. 975 gründete er eine Domschule mit Chor, aus dem die heutigen Regensburger Domspatzen hervorgingen.

Schloss St. Emmeram, Thurn und Taxis

Eigentlich haben wir genug gesehen und gehört, aber am Nachmittag des letzten Regensburg-Tages steht der Besuch des Rathauses auf dem Plan. Hier tagte von 1663 bis 1806 die Dauerhafte Versammlung der Reichsstände im Heiligen Römischen Reich. Oben tagten die Landesfürsten, unten befand sich der Folterkeller. Man sollte meinen, um einen solchen Keller sollte man einen Bogen machen, aber die Führerin konnte eindrucksvoll das Handwerkszeug erklären, das bis zum Geständnis eingesetzt wurde.

Mit dem gemeinsamen Abend in der fürstlichen Brauerei beenden wir den offiziellen Teil unseres Aufenthalts. Am Samstag wird die Heimreise angetreten. Der Geburtstag von Franz-Josef liegt zwar schon 14 Tage zurück, ist aber Anlass genug, – wenn auch ohne Ständchen –, einige Pappbecher voll Sekt auf das Wohl von Franz-Josef zu trinken.

Der Dank aller geht an diejenigen, die für Organisation und Logistik zuständig sind, an Joseph für die Beschallung, an Thomas für Ess- und Trinkbares und gute Laune, große Anerkennung aber besonders an Günter Selbert, Leiter der Kameradschaft und verantwortlich für die Reiseplanung 2024.

Autor: Dr. Wolfgang Wietzker, Kameradschaft Aachen / Eschweiler
Fotos: Wietzker (4), Rühmkorff (3)